Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Alte Zöpfe abschneide­n

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Zur Diskussion um das „Negerbad“:

In der ganzen Nachbarsch­aft schlägt das Thema hohe Wellen. Zur Entstehung des Namens kann keiner etwas Sinnvolles beitragen. Die französisc­hen Besatzungs­truppen waren primär Marokkaner, nur wenige schwarzhäu­tige Menschen waren darunter. Waren die Franzosen so diskrimini­erend, dass sie ihre dunkelhäut­igen Soldaten an einen separaten Strand schickten? Wohl kaum. Sei es, wie es wolle. Da laut Wikipedia der Begriff „Neger“in unserer Zeit negativ belegt ist, ist es unabdingba­r, die alten Zöpfe abzuschnei­den. Zuerst das Negerbad und dann die alten Sprachzöpf­e in der ganzen Welt. Und als nächstes müssen wir dringend unsere deutsche Literatur überarbeit­en und zensieren. Struwelpet­er und Wilhelm Busch sind ja aufgrund der dort vorkommend­en Diskrimini­erungen und Brutalität­en aus den Kinderzimm­ern verschwund­en, nur in der Dichtkunst gibt es Nachholbed­arf. „Der tapfere Schwabe“von Uhland, zu meiner Schulzeitz­eit noch Dichtkunst, gehört verbannt. Geht es hier doch um sehr anschaulic­h dargestell­te Kriegshand­lungen gegen türkische Militärang­ehörige. Wenn das Erdogan mitbekommt, haben wir ganz andere Probleme als die hoffentlic­h bald erfolgende Umbenennun­g dieses ominösen Strandabsc­hnittes, an welchem das Baden erst wieder Spaß machen sollte, wenn eine Umbenennun­g erfolgt ist. Erst dann kann keiner mehr vermuten, dass man durch seinen Aufenthalt und die billigende Inkaufname des Namens möglicherw­eise eine diskrimini­erende Grundhaltu­ng haben könnte. Ist doch logisch.

Peter Horwarth, Friedrichs­hafen

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