Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Männer erübrigen ungern Zeit, um zu diskutieren“
SPD-Gemeinderätin Britta Wagner spricht im Vorfeld des „BoRa“-Empfangs über ihre Erfahrungen im Rat
KRESSBRONN - „Frauen für Lokalpolitik begeistern“– das hat sich das überparteiliche Frauennetzwerk“BoRa“auf die Fahnen geschrieben. Heute lädt das Netzwerk um 19 Uhr zu einem Empfang ins Rathausfoyer Kressbronn ein. SZ-Redakteurin Britta Baier hat sich mit Britta Wagner, SPD-Gemeinderätin, über ihre Erfahrungen im Kressbronner Ratsgremium unterhalten und nach Tipps für interessierte Frauen gefragt.
Hatten Sie Bedenken, bevor Sie sich als Gemeinderätin aufstellen ließen? Wovor hatten Sie am meisten „Lampenfieber“?
Beim Kandidieren für die Gemeinderatswahl 2014 hatte ich weniger Lampenfieber, denn mein Ziel war und ist es, in unserem Gemeinderat zu Veränderungen beizutragen. Besonders wichtig ist mir, dass Bürger zeitnah informiert (Transparenz) werden, Antworten erhalten, wenn Sie sich an mich wenden, und an möglichst vielen Entscheidungen beteiligt werden. Bei der Arbeit im Gemeinderat hatte ich Bedenken, dass persönliche Angriffe im Rahmen von Sitzungen im Vordergrund stehen könnten.
Haben sich Ihre Befürchtungen bewahrheitet?
Persönliche Angriffe und unfaires Verhalten sind selten, deswegen kann man sagen, dass sich durch eine gute Sitzungsleitung unseres Bürgermeisters diese Befürchtungen nicht bewahrheitet haben.
Was raten Sie Frauen, die sich für kommunalpolitische Arbeit interessieren?
Bei unserer „BoRa“-Veranstaltung in Kressbronn einer Gemeinderätin, die Sie gerne ansprechen wollen, Fragen stellen. Alternativ können sich Frauen auf eine Liste eintragen, die wir am Abend auslegen oder über unsere Homepage www.BORA-frauenpolitik.de mit uns Kontakt aufnehmen.
Nimmt die Arbeit in einem Gemeinderat viel Zeit in Anspruch?
Im Durchschnitt sind es pro Monat etwa sieben Stunden für Sitzungen im Rathaus, zuzüglich Vorbereitung der Sitzungen von rund drei Stunden. Natürlich gibt es auch Monate, in denen mehr Zeit benötigt wird und in dieser Berechnung sind keine Einladungen zu Ausstellungseröffnungen oder Einladungen von Vereinen zur Hauptversammlung beinhaltet. Jede Person im Gemeinderat entscheidet, wie häufig sie zusätzliche Termine berücksichtigt.
Ist es aus Ihrer Sicht eine Aufgabe, die von Männern dominiert wird?
Ja, und mir fällt in unserem Gemeinderat in Kressbronn auf, dass viele männliche Kollegen ungern Zeit erübrigen, um Themen zu diskutieren. Zum Beispiel habe ich die Absetzung einer Diskussion zum Thema Fällung eines Baumes in der Bodanstraße nicht verstanden. Die Diskussion hätte neue Aspekte berücksichtigen können und der Zeitaufwand hätte sich in Grenzen gehalten. Viele Zuhörer in der öffentlichen Sitzung an diesem Abend haben die Entscheidung der Mehrheit im Gemeinderat auch nicht verstanden.
Inwieweit können die Mitglieder von „BoRa“Tipps an interessierte Frauen geben?
Mein Tipp ist: Schauen Sie sich nach einer Partei um, die Ihnen von den Inhalten her zusagt und besuchen Sie Angebote dieser Partei, beispielsweise offene Fraktionssitzungen oder Diskussionsrunden. Gerne stehen die Frauen von „BoRa“dann zur Verfügung, um als Mentorin der favorisierten Partei beim Start zu helfen.