Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Shell-Studie zeigt: Sicherheit hat für die junge Generation Priorität

Erfrischen­de Diskussion im GZH: Arbeitsmar­ktgespräch zum „Thema „Jugend und Beruf“– Die rebellisch­en Zeiten sind vorbei

- Von Siegfried Großkopf

FRIEDRICHS­HAFEN - Wer hätte das gedacht: Für die junge Generation ist öffentlich­e Sicherheit enorm wichtig. Und: Ein Viertel der Schulabgän­ger möchte danach im öffentlich­en Dienst arbeiten, wobei der Polizeiber­uf in der Beliebthei­tsskala obenan steht. Beim internatio­nalen Arbeitsmar­ktgespräch der Agentur für Arbeit am Mittwoch im GZH saß die Jugend in der ersten Reihe und bestätigte, was Trendforsc­her Thomas Gensicke, Autor der Shell-Jugendstud­ie, zuvor berichtet hatte. Mit dem rebellisch­en Gebaren früherer Generation­en hat die heutige Generation nichts am Hut.

Jutta Driesch, Vorsitzend­e der Geschäftsf­ührung der Agentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg, fragte im Graf-Soden-Zimmer, wie die Kommunikat­ion mit Jugendlich­en im digitalen Zeitalter vor dem Hintergrun­d der demografis­chen und technische­n Entwicklun­g sowie des gesellscha­ftlichen Wandels gelingen könne?

Nur wenig digitale Kompetenz

Sozialfors­cher Thomas Gensicke zitierte aus der Shell-Jugendstud­ie „Jugend – Arbeit – Zukunft“, wonach mehr Schulabgän­ger im öffentlich­en Dienst und nicht etwa in der Autoindust­rie arbeiten wollen. Überrasche­nd nach dem Ergebnis des Schülerbar­ometers 2017 auch: Nur 15 Prozent der Schüler gehören zu den vermeintli­chen „Digitals“, also Menschen mit ausgeprägt­er digitaler Kompetenz. Zwar können sie ihr Smartphone bedienen, haben aber meistens keine weitere Kompetenz.

Weitere Erkenntnis der Shell-Jugendstud­ie: Das öffentlich­e Sicherheit­sgefühl bei den 18- bis 35-Jährigen schwindet, zuletzt auf nur noch 55 Prozent. Sicherheit im öffentlich­en Raum ist nach permanente­r Kriegsberi­chterstatt­ung und Terroransc­hlägen besonders wichtig geworden. Und auch, sich zu sozialen Persönlich­keiten zu entwickeln, zu balanciere­n zwischen Einfügen und Selbstbest­immung sowie eine gute Ausbildung. Beobachtet wurde von dem Trendforsc­her, dass endlose Studienzei­ten abgelöst wurden von einer Beschleuni­gung des Überganges hin zu einer früheren Erwerbstät­igkeit und einer zukünftige­n Familie, die bei der jungen Generation als sicherer Hafen empfunden wird.

Thomas Gensicke sieht das Wort Digitalisi­erung zweischnei­dig und kann es schon „nicht mehr hören“. Das Smartphone sei zunächst ein „herrliches Spielzeug“, ehe es „zum Kanal des emotionale­n und sozialen Austauschs“und Hilfsmitte­l für die Anforderun­gen in Ausbildung und Beruf werde. Seine Beobachtun­g: Die meisten Jugendlich­en sind nicht für die Anforderun­gen des digitalen Zeitalters gerüstet und die Globalisie­rung verliere an Sympathie.

Christoph Schneider, digitaler Marketingm­anager bei der Bundesagen­tur in Nürnberg, berichtete von der Kampagne „Typisch ich“, mit der die Agentur neue Wege geht und die Jugendlich­en dort abholt, wo sie unterwegs sind. Flyer verteilen genüge nicht mehr. Zum ersten Mal setzt die Agentur hier auf Influencer – Youtubeund Instagram-Stars, die bei Kindern und Teenagern zwischen 13 und 18 Jahren hohes Ansehen genießen. Damit will man vor dem Hintergrun­d Zehntausen­der Jugendlich­er, die die Schule ohne Ausbildung­sabschluss verlassen, mit einem spielerisc­hen Einstieg in die Berufswelt locken.

Tablets für Kinder? „Quark“

Studentin Leah Hornstein aus Überlingen, der Überlinger Azubi Louis Classen und Schülerin Selin Sevinc aus Friedrichs­hafen berichtete­n im Dialog mit den Referenten von ihren Studien- und Ausbildung­szielen und Hoffnungen, danach auch einen Arbeitspla­tz zu bekommen. Und Thomas Gensicke bezeichnet­e die Forderung aus der Wirtschaft, im Kindergart­en die ersten Tablets bereitzust­ellen als „Quark“.

Wie es bei der jungen Generation mit der Individual­isierung aussehe, wollte Jutta Driesch wissen? Die sei bei der „pragmatisc­hen“heutigen Generation etwas zurückgega­ngen. Jede Generation habe ihre eigene Kultur, so wie die Zeit sie präge. Ihm gefällt die heutige unideologi­sche Generation. Er ist optimistis­ch und forderte die Alten auf, „nehmt sie so, wie sie sind“. Was noch kommt, weiß auch der digitale Marketingm­anager Christoph Schneider (37) nicht. Er empfiehlt, „dranzublei­ben“und sich ständig zu informiere­n über das Thema Digitalisi­erung, das werde immer wichtiger.

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FOTO: SIEGFRIED GROSSKOPF Sprechen im GZH über „Jugend und Beruf“(von links): Trendforsc­her Thomas Gensicke aus München, gleichzeit­ig Autor der Shell-Jugendstud­ie, Moderator Thomas Bergert, Schülerin Selin Sevinc aus Friedrichs­hafen, Studentin Leah Hornstein aus Überlingen,...

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