Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Berlusconi will es noch einmal wissen
Der 81-Jährige kandidiert auf Sizilien bei den Kommunalwahlen
ROM - Am Sonntag wird auf Italiens größter Insel Sizilien gewählt. Bei den Kommunalwahlen hofft auch Italiens umstrittenster und schillerndster Politiker auf einen Sieg. Silvio Berlusconi versucht erneut ein politisches Comeback. Eine Generalprobe für die anstehenden Parlamentswahlen wahrscheinlich kommenden März 2018.
„Wer geglaubt hatte, dass der 81-Jährige auf Grund zahlreicher Skandale, Ermittlungen und Verurteilungen von der politischen Bühne verschwunden sei“, so die Tageszeitung „La Repubblica“, „der irrte sich gewaltig.“Mit einigen Kilogramm weniger auf den Rippen, aber dafür wieder mit mehr Haaren auf dem Kopf als noch vor einem Jahr sowie nach Liftings mit deutlich strafferer Haut, präsentiert sich Italiens Medienzar als Staatsmann, der Italien vor den Rechten und den Populisten bewahren will.
Als Chef seiner Partei Forza Italia, die er seit 1994 unbestritten anführt, reiste er in den vergangenen Wochen durch Sizilien und wurde überall jubelnd empfangen. Der „neue Berlusconi“, so die Tageszeitung „Corriere della Sera“, umgebe sich nicht mehr mit jenen Persönlichkeiten, die noch vor wenigen Jahren zu seinem privaten Hofstaat gehörten. Jene Sänger und Diskothekenbesitzer, zwielichtige Gestalten, die ihm laut verschiedener Staatsanwälte käufliche Damen en masse zugeführt haben sollen, sind verschwunden. Berlusconi lebt heute mit einer einzigen Frau zusammen, die halb so alt ist wie er. Die Geschäfte seines Familienkonzerns führen seine Kinder, der Fussballclub AC Milan ist verkauft worden und so kann sich Berlusconi ganz auf die Politik konzentrieren.
Der Retter in der Not
Wie seit 1994 verspricht er seinen Wählern die Abschaffung der Grundbesitzerabgaben auf Immobilieneigentum, niedrigere Steuern und ein gesetzlich verankertes Grundeinkommen. Doch im Unterschied zu früheren Wahlkämpfen empfiehlt sich Italiens „politisches Stehaufmännchen“, so die Zeitung „La Stampa“, heute als „Retter in Not, als Retter vor dem gefährlichen Populismus“.
Gegner Beppe Grillo
Berlusconis Gegner ist der Ex-Komiker Beppe Grillo und seine politische Fünf-Sterne-Bewegung M5S. Eine populistisch auftretende Partei, die sich als weder links noch rechts definiert und bei den Parlamentswahlen an die Regierung kommen will. Umfragen zufolge könnte sie tatsächlich Italiens stärkste Partei werden.
Nachdem es zunächst so aussah, als ob Forza Italia ein Wahlbündnis mit den Sozialdemokraten von Matteo Renzi eingehen würde, ein Projekt, das noch nicht komplett vom Tisch ist, ist nun eine Koalition mit der rechten Partei Lega von Matteo Salvini auch nicht ausgeschlossen. Wichtig ist Berlusconi, dass „wir Italien vor einem Wahlsieg der M5S bewahren“. Um das zu verhindern, würde er nach eigenen Worten mit Rechten und Linken ein Bündnis eingehen.
Doch Berlusconi selbst wird kaum kandidieren können. Aufgrund verschiedener gerichtlicher Prozesse darf er bis auf Weiteres kein politisches Amt übernehmen. Das Ämterverbot hat seinen Grund vor allem in einer Verurteilung wegen Steuerbetrug. Trotzdem präsentiert sich Berlusconi als Kandidat für das Amt des italienischen Regierungschefs.
Wegen des Ämterverbots wandten sich die Anwälte des Medienzars an den Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Der soll das Verbot aufheben, denn, so Berlusconis Anwälte, ihr Mandant sei ein Opfer politischer Verfolgung durch politisierte Richter. Ein Urteil aus Straßburg zum Fall Berlusconi wird aber nicht vor Mitte 2018 erwartet.