Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Entscheidung über Riedberger Horn
Bayerischer Landtag wird wohl den Weg für eine Skischaukel am Riedberger Horn ebnen
BALDERSCHWANG (jau) - Bayerns Landtag stimmt heute über eine Änderung des Alpenplans ab. Hintergrund ist die Absicht, am Riedberger Horn im Oberallgäu eine Skischaukel zu errichten. Das Projekt ist umstritten, da es Bereiche betrifft, die gemäß Alpenplan streng geschützt sind. Dieser war seit 1972 im Grunde unverändert in Kraft gewesen. Eine Änderung konnte aber den Bau der Skischaukel ermöglichen. Im Landtag wollen die meisten CSU- und Freie-Wähler-Abgeordneten das Projekt unterstützen. Weshalb mit einem Ja zur Neufassung des Alpenplans gerechnet wird.
BALDERSCHWANG - Der bayerische Alpenplan ist nach diesem Donnerstag aller Wahrscheinlichkeit nach nicht mehr das, was er einmal war: eine effektive Waffe gegen allerlei Bauvorhaben in ökologisch wertvollen Berggebieten. Im Landtag des Freistaats scheint bei der anberaumten Abstimmung eine Mehrheit zur Planänderung gesichert zu sein. Hintergrund des parlamentarischen Prozesses sind Pläne für eine Skischaukel am 1787 Meter hohen Riedberger Horn. Dieses umstrittene Vorhaben hat inzwischen ein bundesweites Echo hervorgerufen.
Im bayerischen Landtag verlaufen die Fronten folgendermaßen: SPD und Grüne sind gegen eine Änderung des 1972 ins Leben gerufenen Alpenplans, während die überwiegende Mehrheit der CSU- und Freien-Wähler-Abgeordneten dafür sein dürften. Angesichts der Stimmenverhältnisse im Landtag wird dessen Neufassung wohl also seinen parlamentarischen Segen bekommen. Wobei Abgeordnetenkreise eine höchst emotionale Debatte erwarten. Dem Riedberger Horn kommt durch das Thema eine symbolische Rolle zu, die seine Bedeutung als Berg oder Skigebiet weit übersteigt.
Durch Tourengeher erschlossen
Das Objekt der Begierde liegt am Ende des Balderschwanger Tals auf dem Weg zum Riedbergpass – eine Region, die selbst im Oberallgäu als abgelegen gilt. Das Riedberger Horn wiederum ist bei Lichte betrachtet eine eher unscheinbare Kuppe. Skifahrerisch ist sie bisher nur durch Tourengeher erschlossen. Wobei diese an schönen Wintertagen zu Hunderten den Gipfel stürmen. Westlich davon liegt das Skigebiet von Balderschwang. Östlich des Berges sind die Lifte von Grasgehren. Beide Skigebiete gehören nach Meinung von Hoteliers, Seilbahn-Betreibern und Touristikern zusammengeschlossen.
Treibende Kräfte für eine Verbindung waren zuletzt Balderschwangs Bürgermeister Konrad Kienle (CSU) und Berni Huber, Geschäftsführer des Grasgehrener Skigebiets. Beide haben in der Vergangenheit immer wieder betont: „Ohne diese Verbindung sind wir nicht mehr wettbewerbsfähig.“Sie blicken dabei vor allem über die nahe Grenze nach Vorarlberg. Dort hat es in den vergangenen Jahren mehrere Zusammenschlüsse von Skigebieten gegeben. Größe gilt in dieser Szene als Wettbewerbsvorteil.
Die Befürworter der Riedberger Skischaukel konnten ihre Forderung 2016 durch eine Volksbefragung untermauern. Die Bürger in den betroffenen Gemeinden Balderschwang und Obermaiselstein stimmen überwiegend für eine Verbindung. Als eine ausschlaggebende Hürde verblieb aber immer noch der Alpenplan. Die angedachte Verbindungsseilbahn inklusive einer Abfahrt durch den Südhang des Riedberger Horns berührt nämlich die Zone C des Alpenplans, also den am strengsten geschützten Raum. Unter tatkräftiger Mithilfe von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und dem Finanzund Heimatminister Markus Söder (CSU) wurde an einer Lösung gefeilt. Demnach sollen 80 Hektar streng geschütztes Gebiet aus der CZone entnommen werden. Gleichzeitig würde es an der Nordecke des Berges einen Ausgleich von 304 Hektar geben.
In der Vergangenheit war von Skischaukel-Gegnern unter der Hand immer wieder zu hören gewesen: Im Prinzip könne man eigentlich damit leben. Nach außen hin steht aber beim beschworenen „Kampf ums Riedberger Horn“längst der Alpenplan im Mittelpunkt der Debatte. Ökoverbände wie auch der Deutsche Alpenverein wollen praktisch den Anfängen wehren.
Sollte die C-Zone abgeändert werden, „schafft die Staatsregierung einen Präzedenzfall, der Tür und Tor öffnet für Erschließungsmaßnahmen in weiteren sensiblen und höchst schutzwürdigen Bereichen der Bayerischen Alpen“, sagt Rudi Erlacher, Vizepräsident des Alpenvereins. Wobei es durchaus bekannt ist, dass es zwischen Oberallgäu und Berchtesgaden entsprechende Ambitionen gibt.
Jedenfalls wollen die SkischaukelGegner nach ihren Ankündigungen jeden juristischen Winkelzug nutzen, um das Projekt doch noch zu verhindern. Die rechtlichen Auseinandersetzungen können Jahre dauern. Weshalb beispielsweise Balderschwangs Bürgermeister Kienle zuletzt durchblicken ließ, dass er der Angelegenheit müde sei.