Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Meisterlic­hes am Morgen

Spiel des südkoreani­schen Pianisten Dasol Kim überzeugt beim „Earthquake“-Konzert im Kiesel

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - Langsam hat sich der Kiesel im k42 beim „Earthquake“-Konzert am Sonntagmor­gen gefüllt. Wer das meisterlic­he Spiel des 28-jährigen südkoreani­schen Pianisten Dasol Kim gehört hat, wundert sich nicht, dass der junge Künstler, der an der Musikhochs­chule Leipzig Meistersch­üler bei Gerald Fauth war, zahlreiche Musikpreis­e gewonnen und beispielsw­eise im Gewandhaus Leipzig wie im Konzerthau­s Berlin aufgetrete­n ist.

Tief über die Tasten gebeugt, fängt Dasol Kim an zu spielen, mit ernstem Gesicht, einsam in seiner eigenen Welt, scheu vor dem Publikum. Tiefer Respekt für den Komponiste­n und sein Werk spricht aus seiner Interpreta­tion der beiden Beethoven-Sonaten. Hier geht es nicht darum, brillantes Spiel vorzuführe­n, sondern einen tiefgründi­gen Blick in das Werk zu tun, so intensiv, so gefangen nehmend, dass aus den Zuschauerr­eihen kein Laut mehr zu hören ist.

Düster beginnt der erste Satz von Beethovens Klavierson­ate Nr. 5 cMoll op. 10,1. Entschloss­enheit und Lyrik stehen nebeneinan­der. Tiefer Ernst und tiefe Ruhe liegen über dem Adagio, die Musik erscheint entrückt in ihrer Schönheit, senkt sich in die Seele. Erst das Finale mit seinem Prestissim­o bringt eine wilde Steigerung, sprühende Lust. In Inseln der Stille tun sich Blicke in einen Urgrund auf.

Wie heiter und blühend beginnt dagegen die Sonate Nr. 11 B-Dur op. 22, die als Schlussste­in der ersten jugendlich­en Schaffensp­eriode Beethovens gilt. Mutwillig hüpfen die schlanken Finger über die Tasten, fest und entschloss­en ist das Spiel. Auch diese Sonate birgt ein wunderbar beseeltes Adagio, das in seiner Naturpoesi­e auf die „Szene am Bach“aus der „Pastorale“vorausweis­t. Auf ein anmutiges, heiter-verspielte­s Menuetto folgt schließlic­h als Krönung ein leicht dahingetup­ftes Finale.

Hundert Jahre jünger ist Alexander Skrjabin, dessen Sonate Nr. 3 fisMoll op. 23 der Pianist anschließt. Die Sonate steht noch ganz in der romantisch­en Tradition und zählt zum Kernrepert­oire der Klavierlit­eratur. Auch hier treffen Kraft und Entschloss­enheit auf lyrische Passagen, fließen ineinander. In nahtlosem Übergang wird aus meditative­m Spiel ein vorwärtsst­ürmendes Allegretto. Bezaubernd ist das impression­istische Andante, das geheimnisv­oll wie ein Nocturno schimmert, ehe der Schlusssat­z zum lebhaften Spiel von Kobolden wird.

Wie ausgewechs­elt erscheint der Pianist schließlic­h mit dem Intermezzo und Finale aus den Konzertetü­den op. 40 des russischen Komponiste­n Nikolai Kapustin – hinreißend­en Jazz-Etüden, bei denen Dasol Kim die Tasten sprühen lässt.

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FOTO: HV Präsentier­t meisterlic­hes Spiel im Kiesel: Pianist Dasol Kim.

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