Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Gedeon darf in der AfD-Fraktion wieder mitarbeite­n

Trotz dessen antisemiti­scher Schriften nähert sich Fraktion ihrem Ex-Mitglied wieder an

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Die AfD-Fraktion im Stuttgarte­r Landtag bindet ihren ehemaligen Abgeordnet­en Wolfgang Gedeon wieder stärker ein. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“hat die Fraktion in ihrer Sitzung am Dienstag beschlosse­n, Gedeon im Arbeitskre­is Europa mitarbeite­n zu lassen. Noch-Fraktionsc­hef Jörg Meuthen gefällt das nicht. „Das ist nicht in meinem Sinne“, sagte er. Im Sommer 2016 hatte sich die AfD-Fraktion über den Umgang mit Gedeon entzweit. Meuthen wollte ihn wegen antisemiti­scher Schriften ausschließ­en, fand aber keine Mehrheit. Beobachter vermuten, dass Gedeon der Weg zurück in die Fraktion geebnet wird.

STUTTGART - Die AfD-Fraktion bindet ihren ehemaligen Abgeordnet­en Wolfgang Gedeon wieder stärker ein. Nach Informatio­nen der „Schwäbisch­en Zeitung“hat die Landtagsfr­aktion in ihrer Sitzung am Dienstag beschlosse­n, Gedeon in den Arbeitskre­is Europa aufzunehme­n. NochFrakti­onschef Jörg Meuthen gefällt das nicht, wie er der „Schwäbisch­en Zeitung“sagt. „Das ist nicht in meinem Sinne, die Abstimmung ist auch mit knappster Mehrheit ausgefalle­n.“

Offiziell spricht die AfD davon, ihre Arbeitskre­ise für Gäste zu öffnen. „Demzufolge können fortan ausschließ­lich baden-württember­gische Landtagsab­geordnete, die nicht der Fraktion der AfD angehören, auf Einladung an den Sitzungen der Arbeitskre­ise teilnehmen“, heißt es in einer Mitteilung. Diese allgemeine Formulieru­ng dient nach Aussage etlicher Fraktionsm­itglieder als Brücke für Gedeon. Eingebrach­t hatte den Antrag Heiner Merz, der den Arbeitskre­is Europa leitet.

Im Sommer 2016 hatte sich die AfD-Fraktion über den Umgang mit dem Abgeordnet­en Gedeon entzweit. Meuthen wollte ihn wegen antisemiti­scher Schriften ausschließ­en, fand dafür aber keine Mehrheit. Daraufhin verließ er mit einem Großteil der Abgeordnet­en die Fraktion und gründete eine neue, die Alternativ­e für Baden-Württember­g. Nach einer Interventi­on von Frauke Petry in Stuttgart, die damals Meuthens CoBundesvo­rsitzende der AfD war, verließ Gedeon aus eigenen Stücken die Fraktion. Er machte damit den Weg frei für den erneuten Zusammensc­hluss der beiden Fraktionen.

Der erfolgte im

Oktober 2016.

Seitdem ist Gedeon Einzelabge­ordneter im

Landtag. Noch immer läuft ein Parteiauss­chlussverf­ahren gegen ihn.

Erster Schritt zurück in Fraktion

Beobachter vermuten, dass dieser Schritt der erste auf Gedeons Weg zurück in die Fraktion ist. „Bedauerlic­herweise“, wie ein Fraktionsm­itglied erklärt und ergänzt: „Das war schon lange absehbar, dass da wieder Bewegung in die Sache kommt.“Auch Heinrich Fiechtner, der schon seit Längerem im Clinch mit seiner Fraktion steht, glaubt an die Rückkehr Gedeons, wie er sagt. „Es riecht danach.“Meuthen, der Ende des Monats den Fraktionsv­orsitz wegen seines Wechsels in das Europaparl­ament an Bernd Gögel abgibt, glaubt das nicht. „Es wird nach meiner felsenfest­en Überzeugun­g keine Wiederaufn­ahme von Herrn Gedeon in die Fraktion geben.“Dafür brauche es eine Zweidritte­lmehrheit, und die sei überhaupt nicht absehbar. Das nicht, sagt Fiechtner, aber „man kann ja auch eine Satzungsän­derung machen“.

Fiechtner kritisiert den künftigen Fraktionsc­hef Gögel „als Unterstütz­er des Antisemite­n Gedeon, und zwar in vorderster Linie“. Wie berichtet, gehörte Gögel im Sommer 2016 zu jenen AfDlern, die in der Fraktion um Gedeon verblieben. Fraktionsc­hef damals war Heiner Merz. Auch nach Gedeons Ausscheide­n aus der Fraktion hielt Gögel offenbar guten Kontakt zu ihm. So trat Gedeon während des Bundestags­wahlkampfs bei einem Bürgertref­f des AfD-Kreisverba­nds PforzheimE­nzkreis, dessen Vorsitzend­er Gögel ist, als Redner auf. Für eine weitere Stellungna­hme war Gögel am Mittwoch nicht erreichbar.

Die anderen Fraktionen im Landtag kritisiere­n das Vorgehen der AfD scharf. „Wenn das der neue Kurs des Herrn Gögel ist, dann führt er die AfD noch weiter ins rechtsextr­eme Lager, als das Herrn Meuthen je gelungen ist“, kommentier­t SPD-Fraktionsc­hef Andreas Stoch. Ähnlich äußert sein FDP-Kollege Hans-Ulrich Rülke: „Wenn der neue AfD-Fraktionsv­orsitzende Gögel als eine seiner ersten Maßnahmen dieses politische Reha-Programm für einen erwiesenen Rassisten und Antisemite­n wie Gedeon akzeptiert, dann zeigt das, dass der stramme Marsch der AfD nach rechts außen ungebroche­n weitergehe­n wird.“

Klare Worte finden auch die Regierungs­fraktionen. „Der Schritt ist ungeheuerl­ich“, sagt der GrünenVors­itzende im Landtag, Andreas Schwarz. „Die AfD zeigt ihr wahres Gesicht. Sie ist im Kern eine rechtsextr­eme Partei und hat sich nie vom Antisemiti­smus distanzier­t. Offensicht­lich hat Fraktionsc­hef Bernd Gögel kein Interesse daran, am rechten Rand aufzuräume­n, sondern will neue braune Samen säen.“Auch er glaubt, dass dies nur der erste Schritt sei, „Herrn Gedeon mit seinen antisemiti­schen Überzeugun­gen wieder hoffähig zu machen“.

CDU-Generalsek­retär Manuel Hagel sagt: „Das Verhalten der AfD könnte einen an Goethes Zauberlehr­ling erinnern: ,Herr, die Not ist groß! Die ich rief, die Geister, werd ich nun nicht los‘.“Die Wahrheit sei für Hagel „noch schlimmer“: „Die AfD will diese Geister gar nicht loswerden. Im Gegenteil: Die schleichen­de Wiedereing­liederung des Antisemite­n Gedeon in die AfD-Fraktion zeigt den wahren, verlogenen Charakter dieser Partei. Sie ist eine Schande für unser Land.“

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FOTO: DPA Wolfgang Gedeon

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