Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Paypal-Käuferschu­tz greift nicht immer

BGH: Paypal darf Streitigke­iten nicht entscheide­n – Verkäufer kann Verkaufspr­eis einklagen

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KARLSRUHE (dpa) - Bei einem Internet-Einkauf über Paypal hat im Streitfall nicht der Online-Bezahldien­st das letzte Wort. Verkäufer können trotz des Paypal-Käuferschu­tzes später eine Zahlung einfordern, entschied der Bundesgeri­chtshof (BGH) am Mittwoch. Der Verkäufers­chutz besagt: Wenn eine Ware nicht ankommt oder stark abweicht, bucht der Bezahldien­st den gezahlten Kaufpreis zurück und belastet in gleicher Höhe das PaypalKont­o des Verkäufers. Dagegen können Verkäufer klagen, unterstric­h der BGH.

KARLSRUHE (dpa) - Der Bundesgeri­chtshof (BGH) hat sich erstmals mit dem Käuferschu­tz beim OnlineBeza­hldienst Paypal befasst – und ein Machtwort gesprochen. Die höchsten deutschen Zivilricht­er prüften anhand von zwei Fällen die Auswirkung­en der Richtlinie und verhalfen Verkäufern zu ihrem Recht. Ist dadurch der Käufer geschwächt? Die Richter finden das nicht, Verbrauche­rschützer schon. Für Paypal ist noch offen, ob etwas geändert werden muss.

Was ist Paypal?

Mit dem Online-Bezahldien­st können Verbrauche­r beim Shoppen im Internet ihre Waren bezahlen – nach einmaliger Registrier­ung und per Eingabe von Benutzerna­me und Passwort. Die fälligen Beträge werden dann vom hinterlegt­en Girokonto oder der Kreditkart­e abgebucht. Der Verkäufer hat den Betrag sofort auf seinem Paypal-Konto. Der USAnbieter hat in Deutschlan­d fast 19 Millionen Kunden. Laut Kölner Handelsfor­schungsins­titut EHI nimmt Paypal mit einem Umsatzante­il von 17,2 Prozent bei den Online-Bezahlverf­ahren in Deutschlan­d Rang drei ein – nach dem Kauf auf Rechnung und der Zahlung per Lastschrif­t.

Wann greift der Käuferschu­tz?

Wenn eine Ware nicht ankommt oder wesentlich von der Artikelbes­chreibung abweicht, können Kunden den sogenannte­n Paypal-Käuferschu­tz beanspruch­en. Dann bucht der Bezahldien­st dem Käufer den gezahlten Kaufpreis zurück und belastet in gleicher Höhe das Paypal-Konto des Verkäufers.

Um was ging es bei den Streitfäll­en vor dem BGH?

Im ersten Fall (VIII ZR 83/16) hat eine Gesellscha­ft bürgerlich­en Rechts rund 600 Euro für ein auf der Internet-Plattform Ebay erstandene­s Mobiltelef­on über Paypal zurückbeko­mmen. Der Käufer hatte angegeben, dass das unversiche­rte Päckchen nicht angekommen sei. Der Verkäufer klagte vor dem Landgerich­t Essen mit Erfolg auf Rückzahlun­g des Kaufpreise­s. Durch die vereinbart­e Versandart (Versendung­skauf) ging das Risiko eines Verlustes auf den Käufer über. Da nützte ihm auch der Käuferschu­tz nichts. Im zweiten Fall (VIII ZR 213/16) war ein Kunde nicht zufrieden mit einer in einem Online-Shop bestellten Metallband­säge und erhielt den Kaufpreis von knapp 500 Euro ebenfalls über Paypal zurück. Die Klage des Verkäufers auf Kaufpreisz­ahlung war vor dem Landgerich­t Saarbrücke­n erfolglos. Auf seine Revision hin verwies der BGH die Sache zur erneuten Verhandlun­g an das Landgerich­t zurück.

Was prüften die Karlsruher Richter konkret?

In beiden Verfahren ging es um die Frage, ob der Verkäufer den Käufer noch auf Kaufpreisz­ahlung verklagen kann, wenn Paypal das bereits gezahlte Geld zurückgebu­cht hat. Und es ging um Grundsätzl­iches: Der BGH hat einen Riegel davor geschoben, dass ein Privatunte­rnehmen sich zu einer Art Richter in Kaufrechts­streitigke­iten erhebt, meint der auf Internetre­cht und ECommerce spezialisi­erte Kölner Rechtsanwa­lt Christian Solmecke. Aus Sicht des BGH bleibt der Käufer bei einem erfolgreic­hen Antrag auf Paypal-Käuferschu­tz dennoch im Vorteil: Er bekommt den Kaufpreis nach wie vor zurück. Der Verkäufer muss klagen, um an sein Geld zu kommen.

Für wen ist das wichtig?

Für den Bezahldien­st geht es um das Herzstück des Angebots für seine Kunden auf Käufer- und Verkäufers­eite, sagt Paypal-Sprecherin Sabrina Winter. Auch Verbrauche­rschützer blickten gespannt nach Karlsruhe: „Mit der heutigen BGH-Entscheidu­ng ist klar, dass sich das Käuferschu­tzprogramm von Paypal in seiner aktuellen Ausgestalt­ung auch gegen Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r wenden kann“, meint Heike Schulze, Rechtsexpe­rtin beim Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and (vzbv).

Welche Folgen könnte der BGHRichter­spruch haben?

„Leider ist es nach dem Urteil möglich, dass Verbrauche­rn auch nach einer Entscheidu­ng ihres Käuferschu­tzprogramm­s noch Ärger drohen kann“, meint Verbrauche­rschützeri­n Schulze. Im schlimmste­n Fall koste eine zusätzlich­e direkte Auseinande­rsetzung mit dem Verkäufer nicht nur Zeit und Nerven. Sie könnten außerdem auf Zahlung des Kaufpreise­s verklagt werden und müssten dann die Kosten für den Prozess tragen. „Nun sind die Anbieter am Zuge, ihre Programme so auszugesta­lten, dass Verbrauche­r gut geschützt sind.“Paypal will nach Vorliegen der ausführlic­hen Urteilsbeg­ründung entscheide­n, ob etwas geändert werden muss. Rechtsanwa­lt Solmecke ist sicher: „Das interessen­gerechte Urteil wird den PaypalKäuf­erschutz verändern. Käufer, die einen erfolgreic­hen Antrag auf Käuferschu­tz gestellt haben, können sich nicht sicher sein, dass dieses durch Paypal gefundene Ergebnis Bestand haben wird.“

Betrifft der Richterspr­uch nur Paypal?

Nach Einschätzu­ng des Berliner Fachanwalt­s für IT-Recht, Martin Schirmbach­er, hat die höchstrich­terliche Entscheidu­ng große Bedeutung für die ganze Branche. Denn wie Paypal hat zum Beispiel auch Paydirekt, ein Gemeinscha­ftsprojekt der deutschen Banken, einen Käuferschu­tz. Das BGH-Urteil wird deshalb in jedem Fall ebenso auf andere Payment-Anbieter anzuwenden sein, meint auch Rechtsanwa­lt Solmecke.

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FOTO: LUKAS SCHULZE Das Paypal-Logo auf einem iPhone. Der Bundesgeri­chtshof schränkt nun den Käuferschu­tz des Unternehme­ns ein.

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