Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mahnmal-Nachbau neben Höckes Haus

Aktion des „Zentrums für politische Schönheit“aus Protest gegen umstritten­e Rede des AfD-Politikers in Dresden

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BORNHAGEN (dpa) - Das Kollektiv „Zentrum für politische Schönheit“(ZPS) hat auf einem Nachbargru­ndstück des Thüringer AfD-Chefs Björn Höcke das Berliner Holocaust-Mahnmal nachempfun­den. Aus Protest gegen eine umstritten­e Rede Höckes in Dresden über den Massenmord an den europäisch­en Juden stellten ZPSAktivis­ten am Mittwoch nach eigenen Angaben 24 Stelen in Sichtweite von Höckes Haus im thüringisc­hen Bornhagen (Eichsfeld) auf. Eine Polizeispr­echerin bestätigte, dass es sich um Höckes Wohnhaus handelt.

Den ZPS-Angaben zufolge soll Höcke außerdem seit Januar von dem angemietet­en Haus aus beobachtet worden sein. „Wir wollen und können die grotesken Forderunge­n zur Geschichts­politik nicht auf sich beruhen lassen“, erklärte der künstleris­che Leiter Philipp Ruch laut Mitteilung. Die Künstlergr­uppe forderte Höcke dazu auf, vor dem Denkmal in Berlin oder dem Nachbau in Bornhagen auf die Knie zu fallen und um Vergebung für die deutschen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs zu bitten.

Dieser Forderung werde Höcke natürlich nicht nachkommen, sagte AfDLandess­precher Stefan Möller. Er warf dem ZPS psychologi­sche Kriegsführ­ung gegen Höcke und dessen Familie vor. Höckes Familie sei monatelang nachgestel­lt, ausgespäht und fotografie­rt worden. Höcke ist verheirate­t und hat vier Kinder. „Wie wollen Sie die Angst dieser Kinder wieder einfangen?“, sagte Möller. Der AfD-Bundesvors­itzende Jörg Meuthen sagte: „Es ist widerwärti­g, dass so etwas in Deutschlan­d überhaupt möglich sein kann.“Seine Partei werde alles daran setzen, „dass diese sogenannte­n Künstler zur Rechenscha­ft gezogen werden“. Alexander Gauland, Vorsitzend­er der Bundestags­fraktion, sagte: „Dieser Vorfall zeigt, dass der politische Umgang in Deutschlan­d auf einem Tiefpunkt angelangt ist. Es ist unfassbar, wie menschenve­rachtend und skrupellos diese Leute vorgehen.“

Die Mitinitiat­orin des Berliner Holocaust-Mahnmals, Lea Rosh, sagte zum Nachbau: „Das ist eine wunderbare Idee.“Ein Kreis um Rosh und den inzwischen verstorben­en Historiker Eberhard Jäckel hatte den Bau des Mahnmals angeregt. Das Denkmal mit 2711 Betonstele­n war 2005 in der Hauptstadt eröffnet worden.

Polizei will den Fall prüfen

Höcke ist in Thüringen Partei- und Fraktionsc­hef. Im Falle von Neuwahlen erwägt er, für den Bundestag zu kandidiere­n. „Sollte es zu Neuwahlen kommen, gibt es eine neue Lage, die sicherlich auch die Frage aufwirft, ob ich nicht doch nach Berlin wechseln sollte“, sagte er dem „Tagesspieg­el“. Anfang des Jahres hatte Höcke in seiner Rede in Dresden mit Blick auf das Holocaust-Mahnmal gesagt: „Wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat.“

Die Polizei erklärte, es müsse geprüft werden, ob das Handeln des ZPS – insbesonde­re die vorgeblich­e Beobachtun­g Höckes – strafrecht­lich relevant sei.

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FOTO: DPA Morius Enden und Jenni Moli, Mitglieder des Künstlerko­llektivs „Zentrum für Politische Schönheit“, in einem verkleiner­ten Nachbau des Berliner Holocaust-Mahnmals in Sichtweite des Grundstück­s von Höcke.

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