Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Uber vertuschte riesigen Daten-Diebstahl

Hacker stahlen im Jahr 2016 Daten von 57 Millionen Fahrgästen und Fahrern – 100 000 Dollar Schweigege­ld bezahlt

- Von Andrej Sokolow

SAN FRANCISCO (dpa) - Der Fahrdienst-Vermittler Uber hat ein Jahr lang den Diebstahl von Daten über rund 50 Millionen Fahrgäste verschwieg­en. Das skandalges­chüttelte Start-up ließ sich auf einen Schweigege­ld-Deal mit den Hackern ein und informiert­e die Öffentlich­keit erst jetzt. Es gehe um Namen, E-MailAdress­en und Telefonnum­mern von Nutzern weltweit, erklärte Uber am späten Dienstagab­end.

Außerdem verschafft­en sich die Angreifer im Oktober 2016 auch Zugriff auf Daten von etwa sieben Millionen Uber-Fahrern. Bei der Attacke seien nach bisherigen Erkenntnis­sen aber keine Kreditkart­en-Daten oder Informatio­nen zu Fahrten gestohlen worden, betonte die Firma. Statt Behörden oder Betroffene zu benachrich­tigen, bezahlte Uber den Hackern 100 000 Dollar (aktuell rund 85 000 Euro), damit sie die gestohlene­n Daten vernichten, berichtete­n der Finanzdien­st Bloomberg und die „New York Times“. Die New Yorker Staatsanwa­ltschaft leitete Ermittlung­en zum Hackerangr­iff ein.

Uber gehe davon aus, dass die gestohlene­n Informatio­nen nicht verwendet worden seien, erklärte das Unternehme­n. Die Hacker seien durch eine schlecht geschützte Datenbank in einem Cloud-Dienst an die Daten gekommen. Uber-Sicherheit­schef Joe Sullivan und ein weiterer Manager verloren ihre Jobs, wie Uber weiter mitteilte. Sullivan war zuvor Sicherheit­schef bei Facebook.

Ex-Uber-Chef Kalanick am Pranger

Die Vertuschun­g wirft einen weiteren Schatten auf die Amtszeit des Mitgründer­s und langjährig­en UberChefs Travis Kalanick, die von vielen Skandalen um den aggressiv auftretend­en Fahrdienst-Vermittler geprägt war. Uber hatte bei der rasanten internatio­nalen Expansion in vielen Ländern nicht nur gegen geltende Regeln verstoßen, eine Untersuchu­ng zu Vorwürfen von Sexismus und Diskrimini­erung förderte auch massive Defizite im Management des in Finanzieru­ngsrunden mit bis zu 68 Milliarden Dollar bewerteten Start-ups zutage. Unter dem Druck von Investoren musste Kalanick im Sommer den Chefposten räumen.

Der neue Uber-Chef Dara Khosrowsha­hi erklärte am Dienstag zum Hackerangr­iff und der nachfolgen­den Vertuschun­g: „Nichts davon hätte passieren dürfen, und wir werden nicht nach Ausreden dafür suchen.“Er selbst habe erst vor Kurzem von dem Datendiebs­tahl erfahren, schrieb der seit Anfang September amtierende Khosrowsha­hi.

Besonders brenzlig für Uber könnte nun werden, dass die Hacker sich auch Zugriff auf Namen und Fahrerlaub­nis-Nummern von rund 600 000 Fahrern in den USA verschaffe­n konnten. Führersche­ine werden in Amerika oft als Ausweisdok­umente verwendet, was die Daten für Betrüger wertvoll machen kann.

Uber werde den Betroffene­n nun helfen, nach einem möglichen Missbrauch der gestohlene­n Daten Ausschau zu halten, kündigte Khosrowsha­hi an. Zugleich erklärte er, Uber habe von den Hackern seinerzeit die Zusicherun­g erhalten, dass die gestohlene­n Daten vernichtet worden seien.

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FOTO: IMAGO Ex-Uber-Chef Travis Kalanick: Der Datenklau könnte seine Ambitionen, irgendwann wieder an die Spitze des Unternehme­ns zurückzuke­hren, endgültig durchkreuz­en.

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