Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Stalker muss 7200 Euro zahlen
E-Mails ins Geschäft, Nacktfotos an die Nachbarn – Amtsgericht verurteilt 53-jährigen Mann
FRIEDRICHSHAFEN/TETTNANG Am Ende blieb von der Beziehung nur noch blinder Hass: Das Amtsgericht hat am Donnerstag einen 53jährigen Mann zu 7200 Euro Geldstrafe verurteilt, weil er seine ehemalige Lebensgefährtin mit E-Mails bombardiert und außerdem ein Nacktfoto von ihr verbreitetet hatte.
Dass in Beziehungstaten meistens der größte Zündstoff steckt, wurde bei dieser Verhandlung mal wieder deutlich. Denn wer am Donnerstag in den Sitzungssaal wollte, musste sich erst einer Personenkontrolle stellen. Üblicherweise werden Polizeibeamte nur dann zu Gericht beordert, wenn der Verdacht besteht, dass es zu gewalttätigen Übergriffen kommen könnte.
Dem Angeklagten traute man dies offenbar zu. Spätestens als Richterin Heike Jakob begann, den 53-Jährigen – der ohne Anwalt, aber mit Sonnenbrille auf der Anklagebank Platz genommen hatte – zu befragen, war allen Beobachtern klar, warum das Gericht diese Sicherheitsmaßnahme angeordnet hatte. Zunächst antwortete der Mann nur recht patzig, später wurden seine Gesten immer aggressiver und der Ton lauter.
Die Anklage warf ihm vor, gegen das Kontaktverbot verstoßen zu haben, das ihm ein Lindauer Familiengericht am 25. April dieses Jahres auferlegt hatte. Zwischen dem 28. April und dem 1. Juni soll er seiner ehemaligen Lebensgefährtin 43 E-Mails an ihre dienstliche Adresse geschickt haben – zunächst mit relativ harmlosem Inhalt, später aber gespickt mit Beschimpfungen, Beleidigungen und Anzüglichkeiten. Am 8. Juni soll er zudem in die Briefkästen des Mehrfamilienhauses, wo seine ExFreundin wohnt, einen Flyer eingeworfen haben. Das Papier zeigte ein Nacktfoto der 43-jährigen Frau, außerdem waren darauf ihre Telefonnummer sowie die ihres neuen Partners vermerkt.
Wirre Ausführungen
„Was soll das? Ich habe damit nichts zu tun. Das sind alles Lügen“, schnauzte der Angeklagte die Richterin an. Er wähnte sich offenbar komplett im falschen Film, denn die Staatsanwältin bedachte er mit der Bemerkung „Wenn ich mir Ihren Kopf wegdenke, sehe ich Pamela Anderson“. Ein konstruktiver Dialog kam nicht zustande. Immer wieder holte der 53-Jährige zu weitreichenden Erklärungen aus, um dann irgendwo in einem Halbsatz zu enden. Richterin Jakob hatte alle Hände voll zu tun, den Redefluss des Mannes zu bändigen. Am Ende verstieg er sich zu der Behauptung, dass sich seine ehemalige Lebensgefährtin die E-Mails selbst geschrieben habe, um ihn anzuschwärzen.
Die Hauptzeugin berichtete dagegen sachlich und ruhig von dem Psychoterror, denn sie erleiden musste. Sie habe mit dem Mann über vier Jahre eine On-Off-Beziehung geführt. Nach dem endgültigen Aus habe sie ihrem Ex gegenüber mehrfach betont, dass sie keinen Kontakt mehr wünsche. Irgendwann sei ihr nichts anderes mehr übrig geblieben, als eine gerichtliche Kontaktsperre vor dem Familiengericht zu erwirken. Auf die E-Mails im Frühjahr habe sie zunächst nicht reagiert. Als die Botschaften drastischer wurden, sei sie zur Polizei gegangen.
Der Polizist, der die E-Mails ausgewertet hatte, betonte, dass er keinen Zweifel daran habe, dass der Angeklagte der Absender sei. Zum einen enthielten sie Täterwissen, zum anderen würden darin immer wieder typische Worte und Formulierungen verwendet.
So sah’s dann auch Richterin Heike Jakob. Sie brummte dem 53-Jährigen eine satte Geldstrafe auf: 120 Tagessätze à 60 Euro.
„Wenn ich mir Ihren Kopf wegdenke, sehe ich Pamela Anderson.“Der Angeklagte zur Staatsanwältin