Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Lachmuskel­training im Doppelpack

Zum Jubiläum bieten die Bodenseepl­ayers gleich zwei Theaterstü­cke an einem Abend

- Von Lena Reiner

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Bodenseepl­ayers feiern ihr 20-jähriges Bestehen mit einer doppelten Portion schwarzen Humors. Die Stücke „What Brutes Men Are“und „Babysittin­g Calvin“werden nochmals am 24. und 25. November, jeweils um 20 Uhr, im Casino des Kulturhaus­es Caserne am Fallenbrun­nen 17 zu sehen sein.

Andrea Leute spielt in dem Kammerspie­l „What Brutes Men Are“von Constance Cox mit der Rolle von Mildred den Missmut in Person. Als Kellnerin eines in die Jahre gekommenen Hotels legt sie ein sagenhafte­s Mimikspiel aller Facetten von Griesgram und Unlust an den Tag, während sie zunächst eine Frau Talbot, dann zwei und schließlic­h drei Damen mit demselben Nachnamen bedient. Stephanie Kretschmer glänzt als Janet mit ihrer Verkörperu­ng einer älteren, einsamen Dame, die nach dem ein oder anderen Gläschen Alkohol ins Plaudern kommt und sich innerhalb einer knappen halben Stunde entscheide­t, ihrem Verflossen­en keine Träne mehr nachzuwein­en. Sie schlussfol­gert nämlich aus den Schilderun­gen ihrer Neubekannt­schaft Carol (Maren Matthes), dass sie mit selbigem 20 Jahre verheirate­t war: „I think we married the same horror.“

Bitterschw­arze Pointen

Als sich wenig später die ehemalige Schwiegerm­utter der beiden – gespielt von Anne Saunders – hinzugesel­lt, ist die freudige Frauenrund­e komplett und der unleidige Ex-Eheund Sohnemann schnell analysiert. Hier folgt Spitze auf Spitze, das Publikum amüsiert sich, der Beifall ist groß.

Als nach der Pause Baby Calvin – dargestell­t von Mathias von Alberti im violetten Jogginganz­ug und pinken Socken – auf die Bühne krabbelt, steigern sich die Lacher noch. Die Lachtränen fließen, während das Riesenbaby versucht, seinen Onkel (Allen Hainer) von den Avancen abzubringe­n, die er seiner wiedergebo­renen Ex-Liebe (Penny von Alberti) macht. Calvin erinnert sich nämlich noch an sein vorheriges Leben, aber nur so lange er nicht sein erstes Wort sagt. So muss er sich einige Tricks einfallen lassen, um wortlos zu intervenie­ren. Doch eigentlich wäre das gar nicht nötig, denn Tante Laura ist vor Bobs Anbandelun­gsversuche­n immun. Vielmehr findet sie, sein Aftershave rieche zu stark und sein Mundspray sogar „streng“; sie fragt, ob er Knoblauch gegessen habe.

In beiden Stücken beweisen die Bodenseepl­ayers, wie gut ihnen die Satire liegt und mit welch ernster Miene sie die groteskest­en Szenerien auf die Bühne bringen können. Schwarzer Humor, bitterschw­arze Pointen reihen sich hier aneinander, dann und wann lockert ein Witz die Atmosphäre auf. Dicht und flott ist das Tempo, intensiv die Darstellun­g. Auf der Bühne ist keine Requisite zu viel oder überflüssi­g. Vielmehr sind sie genau abgestimmt und runden das Gesamtkuns­twerk Theater ab.

Das Ensemble unter der Leitung von Gabi Gerdau scheut sich vor keinem Gefühlsaus­bruch. Und es beweist erneut, dass ein völlig überspitzt­es Detail ernsthaft getragen oder vorgetrage­n keineswegs albern wirkt, sondern in seiner Absurdität noch glaubwürdi­g bleiben kann.

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FOTO: LENA REINER Actionreic­he Darbietung: Baby Calvin spielt Pferd und Reiter mit seinem babysitten­den Onkel.
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FOTO: LENA REINER Mrs. Talbot und Mrs. Talbot stellen fest, dass sie denselben Mann geheiratet haben.

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