Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Erste Ergebnisse bei EU-Afrika-Gipfel
Berichte über versklavte Migranten überschatten den EU-Afrika-Gipfel in Abidjan
ABIDJAN (dpa) - Die EU hat sich mit afrikanischen Staaten und den Vereinten Nationen auf einen Plan für Menschenrechte in libyschen Flüchtlingslagern geeinigt. Der libysche Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch stimmte bei einem Krisentreffen am Rande des EU-Afrika-Gipfels zu, dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR Zugang zu den Lagern zu gewähren. Ab wann die Regelung gelten kann, blieb offen. Es handele sich um einen Plan, dessen Details noch ausgearbeitet werden müssen.
ABIDJAN (dpa) - Von wegen nur geschäftsführend: Spät nachts wird Angela Merkel auf dem Internationalen Flughafen von Abidjan empfangen wie eine der mächtigsten Frauen der Welt. Der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, ist persönlich erschienen, um die Kanzlerin zum EU-Afrika-Gipfel zu begrüßen. Nicht jedem wird hier solche Ehre zuteil.
Auf dem afrikanischen Kontinent gilt das Wort der Kanzlerin noch etwas, und der Trip nach Abidjan könnte da fast ein Erholungstrip für Merkel sein. Wenn nur eines der Hauptthemen nicht so eng mit ihrem politischen Schicksal verbunden wäre: Flüchtlinge und Migration. Damit Deutschland und Europa nicht vor einer weiteren Flüchtlingskrise stehen, suchen Merkel und mehr als 50 andere Staats- und Regierungschefs aus der EU und der Afrikanischen Union (AU) nach besseren Perspektiven für junge Menschen. Es geht um Bildung, Investitionen und Jobs. Bis 2050 wird sich die Bevölkerung Afrikas laut Prognosen auf 2,5 Milliarden Menschen mehr als verdoppeln.
Die Kanzlerin glaubt nicht an schnelle Erfolge im Kampf für eine bessere Zukunft für die derzeit 1,2 Milliarden Menschen in Afrika. Fortschritte gibt es nur langsam, die Arbeit ist mühsam. Merkel geht dabei nach ihrem Motto vor: Baustein für Baustein zusammensetzen. Sie dringt auf weniger Korruption und bessere Regierungsführung und will Rahmenbedingungen für Investitionen und fairen Handel verbessern.
Vor gut einem Jahr hat Merkel Mali, Niger und Äthiopien als Reaktion auf die Flüchtlingskrise besucht, Deutschland gab Geld für den Bau von Schulen. Eine davon trägt nun ihren Namen, das ist schon mal was. Doch trotzdem weiß die Kanzlerin: Mehr als ein Tropfen auf einen heißen Stein ist das nicht.
Kanzlerin steht in der Kritik
Das Beispiel Libyen zeigt, wo dieses Modell an Grenzen stößt. Die Kanzlerin muss sich von Menschenrechtlern vorwerfen lassen, lieber Sklaverei, Folter und Vergewaltigung in dem Land zu akzeptieren, als noch mehr Menschen illegal über das Mittelmeer nach Europa kommen zu lassen. Zum Auftakt des EU-Afrika-Gipfels zeigt sich Merkel bestürzt über die Lage und kündigt an, den Kampf gegen die kriminellen Schlepperbanden stärker unterstützen zu wollen.
Wie der ebenfalls nach Abidjan gereiste französische Präsident Emmanuel Macron sieht Merkel eine Ursache für die Schwierigkeiten Afrikas in der europäischen Kolonialgeschichte. Macron hat sich vorab in Burkina Faso für die Verbrechen der französischen Kolonialzeit entschuldigt. Merkel weiß: Damals wurden Landesgrenzen mit dem Lineal gezogen. Das rächt sich heute. Wer Afrika befrieden will, muss dessen Regionalorganisationen ernst nehmen, ist ihr Credo. Zollfreiheit, Freihandel, Freizügigkeit der Mobilität sind die Stichworte. Genauso wie transnationale Verkehrswege oder die Energieversorgung. Welcher europäische Unternehmer investiert schon in Ländern, in denen es stundenlange Stromausfälle jeden Tag gibt. Deswegen setzen sich Merkel und EU für eine bessere Infrastruktur in Afrikas Krisenstaaten ein.
Merkel und Macron verfolgen in ihrer Afrikapolitik ein ähnliches Ziel, haben aber ganz unterschiedliche Voraussetzungen. Paris habe eine ganz andere Tradition im französischsprachigen Westafrika, dazu immer noch robuste Einsatztruppen, die im Kampf gegen den Terror etwa in der Sahelzone viel stärker eingreifen als die Deutschen mit ihrer 1000 Mann starken Mission in Mali. Dennoch stimmen sich Deutschland und Frankreich eng ab in ihrem Engagement für Sicherheit und Zukunft für die afrikanische Jugend. Der MaliEinsatz werde in Paris sehr geschätzt, genauso das deutsche Engagement in Niger und auch bei der Asylpolitik gebe es eine enge Zusammenarbeit.