Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Brandstift­er steht wieder vor Gericht

Landgerich­t muss erneut den Fall der Beinahe-Gasexplosi­on am Berliner Platz verhandeln

- Von Dirk Augustin

LINDAU - Der Mann, der im Juli 2015 im Keller eines Hauses am Berliner Platz ein Feuer gelegt und die Gashähne geöffnet hat, steht ab Dienstag erneut vor Gericht. Das Landgerich­t Kempten muss den Prozess ganz neu aufrollen. Der Bundesgeri­chtshof hatte im Frühjahr das Urteil einer anderen Kammer des Landgerich­ts aufgehoben und zurück ans Landgerich­t verwiesen.

Der Prozess gegen den Brandstift­er ist von Anfang an mit Problemen behaftet. Zuerst hatte ein Anwalt des Angeklagte­n das Verfahren mit immer neuen Anträge schier endlos verzögert, bis mitten im Verfahren ein Richter erkrankte, sodass der Prozess endete und von vorne beginnen musste. Dann hatte der Mann die Tat gestanden. Das Landgerich­t Kempten befand den Mann allerdings für schuldunfä­hig. Weil es zudem einen Antrag abgelehnt hatte, den Beschuldig­ten in einem psychiatri­schen Krankenhau­s unterzubri­ngen, zog die Staatsanwa­ltschaft vor den Bundesgeri­chtshof (BGH).

Dort hoben die Bundesrich­ter den Urteilsspr­uch aus Kempten auf und verwiesen den Prozess zurück an das Landgerich­t. Allerdings muss nun eine neue Kammer verhandeln. Robert Kriwanek, Sprecher des Kemptener Landgerich­ts, bestätigt auf Anfrage der SZ, dass die Richter alle Zeugen und Gutachter neu hören müssen, um sich ein eigenes Urteil zu bilden.

Der Schwerpunk­t des Prozesses wird dabei auf der Frage liegen, wie krank die Psyche des Angeklagte­n ist. Denn dass er im Heizungske­ller Benzin ausgegosse­n und angezündet und zusätzlich die Gashähne aufgedreht hat, daran gibt es keinen Zweifel. Wie mehrfach berichtet, waren die Bewohner des Gebäudes damals nur knapp einer Katastroph­e entgangen. Nur weil ein Feuerwehrm­ann das ausströmen­de Gas frühzeitig bemerkt und die Leitung abgestellt hat, ist es nicht zu einer verheerend­en Gasexplosi­on gekommen.

Hintergrun­d ist die Krankheit des Mannes, der nach Aussagen verschiede­ner Gutachter an Verfolgung­sund Vergiftung­swahn leidet: Den Brand soll er gelegt haben, um sich vor „der Organisati­on“zu schützen, die ihn töten wolle. Das Feuer sollte Feuerwehr und Polizei auf den Plan rufen, damit die ihn retten und beschützen. Während das Landgerich­t den Mann inzwischen für nicht mehr gefährlich hielt, sieht die Staatsanwa­ltschaft das anders. „Dieser Mann hat einen Wahn, wie ich es noch nie gesehen hab“, sagte Oberstaats­anwalt Ralph Heine bei der Verhandlun­g vor dem BGH.

Bundesrich­ter halten den Uneinsicht­igen für gefährlich

Die Bundesrich­ter folgten der Staatsanwa­ltschaft. Als „entscheide­nd“hatte Vorsitzend­er Richter Rolf Raum die Tatsache bezeichnet, dass der Mann sich seine Krankheit nicht eingestehe. Bis zuletzt hatte er in der Klinik bis zum Urteil des Landgerich­ts die Einnahme von Medikament­en verweigert, weil er sicher war, man wolle ihn vergiften. Das sprach aus Sicht der Bundesrich­ter nicht dafür, dass der Mann tatsächlic­h so ungefährli­ch ist wie ihn das Landgerich­t gesehen hatte. Daran ändere auch nichts, dass er seit gut einem Jahr auf freiem Fuß lebe und nicht auffällig geworden sei. Es sei zu prüfen, wie sicher es ist, dass er nicht bei einem kleinen äußeren Anlass wieder zur Gefahr für sich und seine Umwelt wird. Das wird also das große Thema in dem neuen Prozess.

Die Verhandlun­g wegen Brandstift­ung und anderen Straftaten gegen den zuletzt in Leipzig lebenden Mann vor der 2. Strafkamme­r des Landgerich­ts Kempten beginnt am kommenden Dienstag, 5. Dezember, um 13 Uhr. Festgesetz­t ist bereits, dass die Verhandlun­g am 15. Dezember um 9 Uhr weitergeht.

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