Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Gratwanderung gelingt
Theater präsentiert „Er ist wieder da“– Hitlersatire gekonnt in Szene gesetzt
FISCHBACH - Zwei ausverkaufte Vorstellungen im Bahnhof Fischbach und das ist alles „ihm“zu verdanken. Mit „Er ist wieder da“hat das Wolfgang Borchert Theater die Hitler-Satire nach dem gleichnamigen Roman von Timur Vermes auf die Bühne gebracht. Die Theaterfassung von Kathrin Sievert zeigt, wie Menschen im Medien-Hype zu Popstars mutieren. Eine Glanzrolle für den Hauptdarsteller Thomas Karl Hagen, der mit Mimik und Gestik seiner Hitlerrolle soviel Authentizität verleiht, dass einem das Lachen zwischendurch auch mal im Hals stecken blieb.
Berlin 2015. Hier erwacht ein Mann, der die Welt um sich herum nicht mehr kennt: Adolf Hitler. Ist er es oder ist er es nicht? Auf diese Frage gibt es keine Antwort. Wichtiger ist, welche Fragen in „Er ist wieder da“aufgeworfen werden. In Zeiten von Pegida und AfD fragt sich der Zuschauer, ob Hitler jemals weg war. Das Bühnenstück macht deutlich, dass Menschen für populistische Äußerungen, die gekonnt in Szene gesetzt werden, empfänglich sind. Thomas Karl Hagen mimt den Hitler und brilliert in seiner Rolle, mit seinem kantigen Gang und der gestelzten Ausdrucksweise des Diktators. Es wirkt niemals überzogen, wenn es mit erhobenem Haupt sein „Programm“in die Kamera zitiert. Denn die Medien haben ihn für sich entdeckt.
Zunächst soll er als Kontrapunkt zu „Ali“(Johannes Langer) in dessen Sendung „Alles Krass“eingesetzt werden, und Hitler meistert seine Aufgabe mit Bravour. „Dabei sage ich nur die Wahrheit“, beteuert Hitler, der immer noch glaubt, dass er dem deutschen Volk zu Ruhm und Glanz verhelfen kann. Sein Umfeld hingegen nimmt ihn nicht ernst. Es hält ihn für einen Comedian, einen Improvisationskünstler und einen Meister in Sachen „Method-Acting“, einer Schauspieltechnik, in der man seine Rolle ununterbrochen ausführt. Hitler mutiert zum Medienstar und schon wandelt sich das Bild des Protagonisten.
Zwischen Witz und Realität
Zu Beginn war er noch abhängig vom Redaktionsteam des Senders, doch bald kreisen alle um ihn. Hitler nutzt seine Berühmtheit, und bald erinnert sein bedingungsloser Helfer Frank Sawatzki (Florian Bender) an einen Joseph Goebbels und Redaktionsleiterin Carmen Bellini (Jannike Schubert) an Hitlers Propagandaregisseurin Leni Riefenstahl.
Es ist Satire, keine Frage. Doch ist Satire in jedem Falle lustig? Wenn Thomas Karl Hagen in seiner Rolle von der Regisseurin die Anweisung bekommt, keine Judenwitze in sein Programm einzubauen, und er ernsthaft antwortet: „Natürlich nicht, die Judenfrage ist nicht witzig“, kann das Lachen durchaus im Hals stecken bleiben. Doch gerade die Satire eignet sich als probates Mittel, um die Ideen eines Diktators bloßzustellen.
„Er ist wieder da“macht hier nicht den Anfang. Bereits seit Charlie Chaplins„Der große Diktator“hat es immer wieder ernst und nicht so ernst gemeinte Hitlerdarstellungen gegeben. Mit „Er ist wieder da“ist eine gekonnte Gratwanderung zwischen Witz und Realität gelungen. Es darf gelacht werden, es soll gelacht werden, aber darüber nachdenken sollte man bitte auch.