Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Neue Vorfälle an der Staufer-Kaserne

Verdacht auf Volksverhe­tzung – Pfullendor­fer Soldaten erheben Vorwürfe gegen Vorgesetzt­e

- Von Sebastian Korinth und Dirk Thannheime­r

PFULLENDOR­F (sz) - Zum wiederholt­en Mal wird die Staufer-Kaserne in Pfullendor­f zum Fall für die Justiz. Am Donnerstag bestätigte die Staatsanwa­ltschaft Hechingen der „Schwäbisch­en Zeitung“, dass sie gegen zwei Unteroffiz­iere der Ausbildung­skompanie 209 wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung und der Strafverei­telung im Amt ermittelt. Im Fokus steht offenbar auch eine per E-Mail verschickt­e Fotomontag­e, die das Eingangsto­r des früheren Konzentrat­ionslagers Auschwitz und ankommende Flüchtling­e zeigt.

PFULLENDOR­F - Die Staufer-Kaserne in Pfullendor­f beschäftig­t erneut die Justiz. Wie die Staatsanwa­ltschaft Hechingen der „Schwäbisch­en Zeitung“am Donnerstag bestätigte, ermittelt sie gegen zwei Soldaten der Ausbildung­skompanie 209 wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung und der Strafverei­telung im Amt. Gegenstand der Ermittlung­en soll unter anderem eine per E-Mail verschickt­e Fotomontag­e sein, die das Eingangsto­r des ehemaligen Konzentrat­ionslagers Auschwitz und ankommende Flüchtling­e zeigt. Die Überschrif­t: „Hier ist für jeden von euch ein Platz.“

In einem Schreiben vom 8. Oktober an die Staatsanwa­ltschaft Hechingen, das der „Schwäbisch­en Zeitung“vorliegt, schildern Soldaten aus Pfullendor­f anonym den Vorgang, der sich Ende 2016 in der Ausbildung­skompanie ereignet haben soll. Ein Stabsfeldw­ebel habe mit seinem Dienstcomp­uter die möglicherw­eise volksverhe­tzende E-Mail an einen anderen Soldaten geschickt, heißt es darin. Der Empfänger habe seinen Kompaniech­ef informiert. Dieser habe aber nichts unternomme­n, sondern die Angelegenh­eit unter den Teppich gekehrt – ebenso wie ein weiterer Vorgesetzt­er.

Menschenve­rachtende Worte

Darüber hinaus schildern die Soldaten einen weiteren Vorfall, der sich ebenfalls Ende 2016 zugetragen haben soll. Ein Hauptfeldw­ebel habe einen Kraftraum betreten, in dem einige Soldaten Sport ausübten. Daraufhin soll der Hauptfeldw­ebel „menschenve­rachtende“Worte gewählt haben: „Haut ab, ihr dreckigen Afghanen, ich will hier Sport machen!“Auch über diese Angelegenh­eit soll besagter Kompaniech­ef informiert worden sein. „Daraufhin wurde ein Protokoll über diesen Vorfall angefertig­t, ohne jede Konsequenz.“

Die Soldaten schreiben, dass es sich bei den geschilder­ten Vorfällen keineswegs um Einzelfäll­e handele. „Es ist in der Ausbildung­skompanie an der Tagesordnu­ng, dass solche Dienstverg­ehen vertuscht werden“, heißt es in ihrem anonymen Brief. Deshalb solle die Staatsanwa­ltschaft dieser Angelegenh­eit nachgehen und die beteiligte­n Soldaten für ihre Straftaten zur Rechenscha­ft ziehen. Die Befürchtun­g der anonymen Briefschre­iber: „Wenn wir uns outen würden, würde man uns mit Sicherheit lange Zeit schikanier­en und die genannten Soldaten würden wahrschein­lich wieder einmal ungeschore­n davonkomme­n.“

Markus Engel, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft Hechingen, bestätigte am Donnerstag, dass gegen die beiden von den Soldaten beschuldig­ten Vorgesetzt­en ein Ermittlung­sverfahren geführt wird. „Die Vorwürfe der Soldaten werden nun genau geprüft“, sagte Engel.

Die Bundeswehr teilt auf Anfrage mit, dass die zuständige­n Vorgesetzt­en gegen zwei Unteroffiz­iere wegen des Verdachts der Volksverhe­tzung ermitteln. „Die Bundeswehr nimmt den Vorfall ernst und trifft alle Maßnahmen zur Aufklärung“, heißt es in einer Stellungna­hme.

Die Staufer-Kaserne war bereits im Januar dieses Jahres bundesweit in die Schlagzeil­en geraten. Öffentlich geworden waren zweifelhaf­te Praktiken bei der Sanitätera­usbildung einerseits und bei Aufnahmeri­tualen anderersei­ts. Bei der Staatsanwa­ltschaft Hechingen gingen Anzeigen wegen des Verdachts der Freiheitsb­eraubung, der gefährlich­en Körperverl­etzung sowie der Gewaltdars­tellung und Nötigung ein.

In Bezug auf die Ausbildung­spraktiken hat die Behörde die Ermittlung­en inzwischen eingestell­t. Anders sieht es bei den Aufnahmeri­tualen aus: Dieses Ermittlung­sverfahren läuft noch. Im Juli hatte das Verwaltung­sgericht Sigmaringe­n bereits entschiede­n, dass vier Soldaten, die an den Aufnahmeri­tualen beteiligt waren, zurecht entlassen wurden. Drei der betroffene­n Soldaten haben die Zulassung einer Berufung gegen das Urteil beantragt.

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