Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eiszeit zwischen Ost und West

Lawrow und Tillerson geraten beim OSZE-Gipfel wegen Ukraine-Konflikt aneinander

- Von Rudolf Gruber

WIEN - Beim Abschlussg­ipfel der OSZE am Donnerstag in Wien hat es zwischen den Chefdiplom­aten der USA und Russlands gekracht. Im Ukraine-Konflikt haben sich die Fronten verhärtet.

Vor einem Jahr versprach Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz, sich als Vorsitzend­er innerhalb der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) verstärkt für die Vertrauens­bildung zwischen West und Ost einzusetze­n. Bei der Abschlussk­onferenz in Wien, an der 40 Außenminis­ter und Vertreter der 57 Mitgliedsl­änder teilnahmen, musste er eingestehe­n, das Ziel verfehlt zu haben. Kurz warnte vor einer tiefen Vertrauens­krise innerhalb der OSZE mit fast den gleichen Worten wie im Dezember 2016: „Ein Mehr an Sicherheit wird es nur durch ein Mehr an Vertrauen und Zusammenar­beit geben.“

Auch OSZE-Generalsek­retär Thomas Greminger forderte von den Mitglieder­n eine Rückbesinn­ung auf die Stärke der OSZE als Plattform für vertrauens­bildende Maßnahmen. Der Schweizer Diplomat war vergangene­n Juli nach einer monatelang­en Führungskr­ise in diese Position gewählt worden.

Der Gipfel stand im Schatten der dramatisch­en Ereignisse im Nahen Osten, die US-Präsident Donald Trump mit der Anerkennun­g Jerusalems als Hauptstadt Israels ausgelöst hatte. US-Außenminis­ter Rex Tillerson äußerte sich dazu vor Journalist­en in Wien eher lustlos, Trump habe ja das Zwei-Staaten-Modell ausdrückli­ch unterstütz­t.

Das dominieren­de Gipfelthem­a blieb der Konflikt in der Ukraine. Tillerson und sein russischer Amtskolleg­e Sergej Lawrow lieferten einander einen harten Schlagabta­usch. Lawrow warf der Nato einmal mehr „rücksichts­lose Expansion“in Osteuropa vor. Tillerson beschuldig­te in seiner Eröffnungs­rede Russland der Aggression, denn der Kreml „bewaffnet, lenkt und trainiert die Separatist­en in der Ukraine“. Die USA würden die völkerrech­tswidrige Annexion der Halbinsel Krim „niemals akzeptiere­n“und daher weiterhin die Sanktionen der europäisch­en Partner unterstütz­en, bis Russland der Ukraine die volle Souveränit­ät über die Krim zurückgebe, sagte Tillerson. Die Vertreteri­n der EU-Außenkommi­ssarin Federica Mogherini äußerte sich fast wortgleich.

So kam man im österreich­ischen OSZE-Vorsitzjah­r in der UkraineFra­ge um keinen Schritt weiter. Im Gegenteil. Das Minsker Friedensab­kommen steht auf der Kippe: Der Westen, auf Seiten der Ukraine, wirft Russland Hunderte Verletzung­en des Waffenstil­lstands vor. Lawrow gibt dafür der ukrainisch­en Regierung die Schuld. 2017 wurden laut Tillerson mehr Menschen getötet als 2016. Der ukrainisch­e Außenminis­ter Pawlo Klimkin spricht in Wien von 10 000 Toten seit Ausbruch der Krise 2014; 3,8 Millionen Menschen seien weiter auf humanitäre Hilfe angewiesen.

Keine Entscheidu­ng

Auch die Entscheidu­ng über eine UN-Friedenstr­uppe bleibt offen, die Vorstellun­gen der Konfliktpa­rteien sind zu konträr. Der ukrainisch­e Präsident Petro Poroschenk­o fordert bewaffnete UN-Blauhelme im ganzen Land, vor allem an der russischen Grenze, um Waffenlief­erungen des Kreml in das Rebellenge­biet zu unterbinde­n. Das lehnt Russlands Präsident Wladimir Putin freilich ab. Er will Uno-Blauhelme lediglich an der Frontlinie zum Rebellenge­biet dulden und ihre Aufgabe auf den Schutz der rund 1000 OSZE-Beobachter beschränke­n. Generalsek­retär Thomas Greminger forderte eine enge Einbindung in eine allfällige UN-Mission.

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FOTO: DPA Österreich­s Außenminis­ter Sebastian Kurz (links) und US-Außenminis­ter Rex Tillerson begrüßen sich beim OSZE-Ministertr­effen.

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