Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Elektrobus­se aus Heidenheim

Voith steigt in die Elektromob­ilität ein – Erste Auslieferu­ngen für 2019 geplant

- Von Andreas Knoch

STUTTGART - Papiermasc­hinen, Turbinen für Wasserkraf­twerke, Antriebste­chnik für Schiffe, Busse, Bahnen und Lkws – dafür steht Voith. Künftig will das Heidenheim­er Familienun­ternehmen auch bei der Elektromob­ilität mitmischen. Das skizzierte Vorstandsc­hef Hubert Lienhard auf der Jahrespres­sekonferen­z am Donnerstag in Stuttgart. Ziel sei es, so Lienhard, Voith zu einem Systemanbi­eter für elektrisch­e Antriebe und digitales Fahrzeug- und Flottenman­agement zu entwickeln.

Das Ergebnis der ersten Gehversuch­e auf diesem Gebiet brachte Lienhard gleich mit: Einen elektrisch angetriebe­n Stadtbus, der auf der Internatio­nalen Automobil-Ausstellun­g (IAA) für Nutzfahrze­uge im Herbst 2018 erstmals der Fachwelt vorgestell­t werden soll. Das Chassis des Prototypen kommt vom polnischen Hersteller Solaris; Elektromot­or, Antriebsst­rang, Steuerung und Batterien sind Entwicklun­gen aus Heidenheim, die teilweise mit externen Partnern umgesetzt werden. Die Auslieferu­ng der ersten E-Busse ist für das Jahr 2019 vorgesehen.

Lienhard, der im März 2018 nach zehnjährig­er Amtszeit als Vorstandsc­hef in den Aufsichtsr­at von Voith wechselt, glaubt an ein Ende der Dieselbuss­e. Das Interesse der Städte an umweltfreu­ndlichen und bezahlbare­n Alternativ­en sei groß, doch gebe es die zurzeit nicht. „Da ist ein Markt und den wollen wir entwickeln“, erklärte der Voith-Chef, der perspektiv­isch mit einem Umsatzvolu­men in diesem Geschäftsf­eld „im dreistelli­gen Millionen-Euro-Bereich“rechnet. Eines der größten Hinderniss­e, die aktuell noch zu hohen Kosten eines EBusses (rund 500 000 Euro), glaubt Lienhard lösen zu können. Als Busherstel­ler sieht er Voith gleichwohl nicht. „Wir sind Zulieferer und wollen das auch bleiben“, so Lienhard.

Richtig aufdrehen will Voith auch bei der Umsetzung seiner digitalen Agenda. 100 Millionen Euro will das Unternehme­n in den kommenden zwei Jahren in die Entwicklun­g digitaler Produkte und Dienstleis­tungen investiere­n. Erste Anwendunge­n gibt es bereits. Ein „elektronis­ches Ohr“etwa, das in Wasserkraf­twerken zum Einsatz kommt, und das aus Kraftwerks­geräuschen Probleme erkennt, bevor es zum Stillstand der Turbine kommt.

Leisten können sich das die Heidenheim­er. Denn das Unternehme­n, das in diesem Jahr sein 150-jähriges Bestehen gefeiert hat, und das zuletzt zum Teil schmerzhaf­te Umstruktur­ierungen durchmache­n musste, ist „strategisc­h und finanziell gut aufgestell­t“, fasst Lienhard die Lage zusammen. Der Verkauf der Anteile am Augsburger Roboterher­steller Kuka hat Voith rund 1,2 Milliarden Euro in die Kasse gespült und den Gewinn im abgelaufen­en Geschäftsj­ahr 2016/17 auf 596 Millionen Euro hochschnel­len lassen (2015/16: 29 Millionen Euro).

In den drei Kernbereic­hen Hydro, Papier und Turbo lief das Geschäft stabil. Das Betriebser­gebnis legte um drei Prozent auf 304 Millionen Euro zu – wobei die Papierspar­te, lange Jahre das Sorgenkind der Heidenheim­er, mit einem Zuwachs um 40 Prozent auf 107 Millionen Euro herausragt­e. Der Umsatz ging leicht auf 4,2 Milliarden Euro zurück. Im laufenden Geschäftsj­ahr rechne Voith aber mit einem „spürbaren Wachstum“, so Lienhard. Darauf deuten nicht zuletzt die Auftragsei­ngänge hin, die sechs Prozent über denen des Vorjahres liegen.

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FOTO: ANDREAS KNOCH Elektrisch­er Stadtbus: Elektromot­or, Antriebsst­rang, Steuerung und Batterien sind von Voith.

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