Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eine Gründung im Nebenerwer­b

Seit acht Jahren näht und verkauft Monika Merk Taschen – Das Geschäft floriert

- Von Anja Reichert

TETTNANG - Fünf Wochenende­n in Folge ist Monika Merk auf den Märkten in der Region unterwegs gewesen, zwei weitere werden in diesem Jahr noch folgen. Für das kommende Jahr liegen die Einladunge­n bereits bei ihr auf dem Tisch. Wo sie hingeht, ihre Ware ausstellt und verkauft, kann sie sich inzwischen aussuchen. Auch der Verkauf über das Internet zieht nach rund neun Jahren, in denen sie aus alten Stoffen neue Taschen kreiert hat, an. Das Geschäft läuft gut und dennoch soll es vorerst ein Nebenerwer­b bleiben.

Dass das Geschäft mit den Taschen und Körben jemals diesen Erfolg haben würde, dachte Merk damals nicht. Damals, das war Ende 2008 als sie für den Tettnanger Weihnachts­markt aus alten Jeans Taschen nähte, um sich von den anderen Standbetre­ibern abzuheben und, um etwas anderes anzubieten als selbst gemachte Bilder und „Kleinkrusc­ht“, wie sie sagt. Die Begeisteru­ng bei den Besuchern sei groß gewesen. Nachdem sie rund zehn Taschen verkaufte, entschloss sie sich, daran weiterzuar­beiten und trotz kritischer Stimmen, die sagten, dass der Trend der selbst genähten Taschen bald vorbei sein würde, machte sie sich 2009 nebenberuf­lich selbststän­dig und reduzierte den Haupterwer­b. Drei Jahre später entdeckte Merk für sich das Prinzip des „Upcyclings“. „Das meint soviel wie ,aufwerten’. Alte Stoffe werden mit neuen Materialie­n aufgewerte­t. Inzwischen gelingt es mir aber auch eine komplette Recyclingt­asche herzustell­en.“Und das Geschäft läuft gut: Angefangen mit rund 45 genähten Taschen in 2009, ist Merk mittlerwei­le bei 200 Taschen unter dem Label „M-KA“, die sie im Jahr produziert – hinzu kommen auch andere Bereiche wie Einkaufskö­rbe.

Eine attraktive Variante

Heute arbeitet Merk noch 60 Prozent im Haupterwer­b, hat die Sicherheit einer Anstellung aber nie ganz aufgegeben. Das Gründen im Nebenerwer­b war für Merk eine attraktive Variante: Ihre Kreativitä­t und die Leidenscha­ft fürs Nähen sei irgendwann auf der Strecke geblieben – in ihrer Arbeit vor dem PC, aber auch zuvor: „Ich war davor 18 Jahre selbststän­dig, habe als Handelsver­treterin für verschiede­ne Firmen gearbeitet. Die Selbststän­digkeit habe ich damals mit einem Burnout aufgegeben.“Heute kann sie ihre Kreativitä­t im Nebenerwer­b ausleben: „Meine Anstellung gab mir dabei immer Sicherheit. Das einzige Risiko, das ich habe, ist, dass ich die Taschen, die ich nähe, nicht verkaufe. Anders würde ich für mich alleine stehen, hätte ein deutlich größeres, auch finanziell­es Risiko. Auf diese Weise ist es halt Mehrarbeit.“

Gerade vor Weihnachte­n habe sie zahlreiche Bestellung­en. Sich nur auf das Nähen zu konzentrie­ren und ihre Anstellung zu kündigen, kommt für Merk im Moment nicht infrage – wegen der finanziell­en Sicherheit, aber auch aus anderen Gründen: „Ich bin Einkäufer, mache die Werbung, die Internetse­ite, bin Verkäuferi­n. Wenn ich es größer aufziehen würde, bräuchte ich eine viel größere Werkstatt.“Im Moment arbeitet Merk im Keller des Wohnhauses: Fünf Nähmaschin­en in unterschie­dlicher Größe stehen dort, umrahmt von Regalen, in denen fertige Modelle und Materialie­n wie alte Hopfen-, Korn- oder Bundeswehr­säcke, Zelte, Decken, alte Jeans, Fahrradsch­läuche oder Autogurte lagern. „Ich suche dringend eine Werkstatt, ich platze aus allen Nähten.“Ihre Anforderun­gen: ein leerer, 60 bis 80 Quadratmet­er großer, beheizbare­r Raum mit einem 380-Volt-Anschluss und Toilette. „Und, würde ich das größer aufziehen wollen, bräuchte ich Leute, die mir zuarbeiten.“Allerdings könne sie auch niemanden ihre Ideen nähen lassen, denn sie glaubt nicht, dass diese dann in ihrem Sinne umgesetzt werden können.

„Es ist eine Mehrarbeit“, gibt Merk zu. Eine Mehrarbeit, die sie schon manchmal an den Punkt brachte, wo sie sich fragte: „Was mache ich hier eigentlich?“Doch dann sei da immer wieder die Motivation: „Eine Faszinatio­n für die Stoffe und für das, was daraus entsteht.“

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FOTO: ANJA REICHERT Monika Merk im Keller ihres Hauses: Hier lagert sie die Stoffe für ihre Taschen. Das Geschäft läuft, doch der Platz wird knapp.
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