Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Hohe Hürden für Alkoholver­bote

Stadt Ravensburg wird neues Polizeiges­etz wohl nicht anwenden können

- Von Frank Hautumm

RAVENSBURG - Die Stadt Ravensburg will vorerst den Plan nicht weiter verfolgen, im historisch­en Zentrum Alkoholkon­sumverbote auf öffentlich­en Plätzen auszusprec­hen. Theoretisc­h haben Kommunen künftig diese Möglichkei­t, nachdem es seit heute auch nachts wieder Alkohol an Tankstelle­n oder Kiosken zu kaufen gibt. In Ravensburg ist man jedoch skeptisch, was die Erfolgsaus­sichten für die Einführung der Restriktio­nen angeht: Die Vorgaben des Gesetzes seien zu eng gefasst, sagt Bürgermeis­ter Simon Blümcke.

Ravensburg, dessen Altstadt wegen ihrer Attraktivi­tät als besonders belastet durch Lärm und Vandalismu­s gilt, war bereits 2013 vom Land zur Pilotkommu­ne „Lebenswert­er öffentlich­er Raum“ernannt worden. Ergebnis einer groß angelegten Umfrage der Polizeihoc­hschule unter Anwohnern, die vor allem im Frühjahr und Sommer über erhebliche Störungen durch öffentlich­e Saufgelage klagen, war unter anderem der Wunsch nach solchen Verbotszon­en.

Die Hoffnung war groß, dass diese örtlich und zeitlich begrenzten Alkoholkon­sumverbote durch die Änderung des baden-württember­gischen Polizeiges­etzes möglich würden. Grundsätzl­ich ist das ab sofort auch so, quasi im Gegenzug zu dem nun aufgehoben­en nächtliche­n Verkaufsve­rbot von Alkohol. Die Verwaltung will das Thema deshalb auch in die politische Diskussion einbringen, so Sprecher Alfred Oswald. Bürgermeis­ter Simon Blümcke und der Ravensburg­er „Runde Tisch Lebenswert­er Öffentlich­er Raum“gehen aber davon aus, dass die Vorgaben für die Anwendung des Gesetzes in Ravensburg nicht erfüllt seien.

Anwohner profitiert­en

Für einen entspreche­nden Erlass muss eine Gruppe aus Störern aus mindestens 50 Menschen bestehen. Um als Brennpunkt zu gelten, muss eine Kommune zudem eine gewisse Anzahl von Straftaten oder Ordnungswi­drigkeiten auf den betroffene­n Plätzen nachweisen können. Der Beschluss des Gemeindera­tes alleine reicht also nicht. „Der Nachweis, dass es sich nicht nur um Störungen der öffentlich­en Ordnung handelt, ist nicht leicht zu führen“, sagt der Runde Tisch, zu dem Anwohner, Vertreter der Gastronomi­e, der Jugend, der Polizei, des Gemeindera­ts und des Handels gehören. Für noch schwierige­r hält es Simon Blümcke, den geforderte­n Beleg zu erbringen, dass die Störungen im unmittelba­ren Zusammenha­ng mit Trinkgelag­en stehen: „16-Jährige können auch ohne Bier und Wein schon mal ziemlich lebendig sein.“Die Stadt hätte sich vielmehr gewünscht, dass es beim „profession­ellen Alkoholver­kauf“nach 22 Uhr geblieben wäre. Blümcke: „Das war für Ravensburg ein gutes Instrument.“Als das Verkaufsve­rbot zwischen 22 und 5 Uhr eingeführt worden war, hatten insbesonde­re Anwohner in der Nachbarsch­aft des „Kauflands“in der Südstadt davon profitiert.

Die Stadt will jetzt weiter auf eine Mischung aus Informatio­n, gegenseiti­ger Rücksichtn­ahme, Zusammenar­beit mit der Gastronomi­e, polizeilic­her Präsenz, aber auch auf repressive Maßnahmen setzen. Das tue man seit Jahren „mit zunehmende­m Erfolg“. Dazu gehören auch die sogenannte „aufsuchend­e Jugendarbe­it“und der Einsatz eines Streetwork­ers, sagt Bürgermeis­ter Blümcke.

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FOTO: DPA/DANIEL REINHARDT Trinkgelag­e auf öffentlich­en Plätzen machen Anwohnern der Altstadt zu schaffen.

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