Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Reschkes Jugendtrau­m

Calmund verwehrte VfB-Manager Trainerkar­riere

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STUTTGART (dpa) - Michael Reschke bekam nur selten den Applaus. Es ging ihm auch nie darum, noch vor wenigen Monaten kursierten kaum Fotos von ihm im Internet. Als Reschke, Sportvorst­and des VfB Stuttgart, vor fast 40 Jahren seine Karriere bei Bayer 04 Leverkusen begann, hatte er einen anderen großen Wunsch: Er wollte ein erfolgreic­her Trainer in der Bundesliga werden, einer, wie sein Freund Christoph Daum es lange Zeit war. „Aber ich habe ihm die Trainerkar­riere verwehrt“, sagt Reiner Calmund. Ausgerechn­et Calmund, Reschkes Entdecker.

Wenn Reschke mit dem VfB am Freitagabe­nd (20.30 Uhr/Eurosport) auf seinen Ex-Club trifft, ist Calmund längst nicht mehr dabei. Ohne den langjährig­en Bayer-Manager wäre Reschke aber heute wohl kaum beim VfB. Hätte Calmund ihn damals nicht entdeckt, wäre Reschke 1979 nicht als Jugendtrai­ner zum Werksclub gewechselt. Die Geschichte lässt sich aber auch anders erzählen: Wäre Calmund nicht gewesen, wäre Reschke heute vielleicht ein begehrter Bundesliga-Trainer. Calmund aber beförderte ihn nach seiner Zeit als Jugendcoac­h zunächst zum Chef des Nachwuchsl­eistungsze­ntrums und formte ihn anschließe­nd zu einem der erfolgreic­hsten Talentspäh­er des Landes. „Aber da war er damals zunächst gar nicht erfreut von“, so Calmund.

Geschadet hat es dem Ansehen des heute 60 Jahre alten Reschke jedenfalls nicht. Obwohl seine Arbeit in all den Jahren zumindest öffentlich kaum registrier­t wurde. In Leverkusen und auch danach beim FC Bayern München agierte der Rheinlände­r im Stillen. Dass da jemand ist, der ein gutes Auge hat, wurde spätestens mit seinem Wechsel zum Rekordmeis­ter 2014 öffentlich registrier­t. Reschke war das egal, lediglich ein Interview hat er in seiner Zeit als Technische­r Direktor des FC Bayern mal gegeben. Dennoch wählte Reschke im Sommer bewusst den Schritt in die Öffentlich­keit.

Als Sportvorst­and der Schwaben wird er besonders beim Duell mit seinem früheren Club im Fokus stehen. Mithilfe seines riesigen Netzwerks soll Reschke auch dem Aufsteiger das ein oder andere Toptalent bescheren. Das gelänge aber nur, wenn auch die Voraussetz­ungen stimmen, was im

Falle des bisher inkonstant­en VfB der Verbleib in der Liga wäre. „Aber der Irrsinn in dieser Saison ist ja, dass du seriös und gut arbeiten kannst und vielleicht trotzdem nur 16. wirst“, sagte Reschke.

Eine Niederlage gegen Bayer würde die Stuttgarte­r schon in die Bredouille bringen. Denn die Schwaben leben in dieser Spielzeit von ihrem Heimvortei­l. Erst einen Punkt sammelte die Mannschaft von Trainer Hannes Wolf auf fremden Plätzen. In der eigenen Arena ist sie dagegen 2017 noch unbesiegt. Aber gerade das sei eine „tolle Herausford­erung“, sagt Bayer-Coach Heiko Herrlich.

Die Voraussetz­ungen für die Werkself könnten schlechter sein. Seit zwölf Partien wartet der VfB mittlerwei­le auf einen Sieg gegen Bayer. Sollte Herrlichs Mannschaft tatsächlic­h die Heimserie der Stuttgarte­r beenden, würde sie zumindest über Nacht auf den vierten Platz vorrücken. Das würde wohl auch ExManager Calmund gefallen, der mittlerwei­le ein gutes Verhältnis zu Reschke hat: „Ich habe auch das Gefühl, dass er mir nicht mehr ankreidet, dass ich ihm die Trainerkar­riere verwehrt habe“, ist sich der 69-Jährige sicher.

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FOTO: DPA Michael Reschke

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