Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Die Ära Sommer
Aufstieg in die erste Liga
Mit der Übernahme des nahezu gleichgroßen US-Konzerns TRW im Jahr 2015 gelingt ZF-Chef Stefan Sommer sein größter Coup: Für 12,4 Milliarden Euro kauft er Expertise im Bereich Digitales, Radar und Kamera, Sicherheitstechnik und Bremsen zu, was optimal in die Konzernstrategie ZF 2025 passt. Die größte Übernahme in der Geschichte des Konzerns katapultiert ZF hinter Conti und Bosch auf Rang drei der umsatzstärksten Automobilzulieferer weltweit.
Wettbieten um Haldex
Um Lücken im Produktportfolio für Nutzfahrzeuge zu schließen, lässt sich Sommer Mitte 2016 auf einen Bieterwettstreit mit Knorr-Bremse um den schwedischen Bremsenspezialisten Haldex ein. Bei umgerechnet 580 Millionen Euro steigt ZF aus dem Poker aus und überlässt dem Münchener Wettbewerber das Feld, der jedoch, wie von ZF prophezeit, Probleme mit Kartellbehörden bekommt, was den Deal letztlich scheitern lässt.
Start-ups im Visier
Um sich Zugang zu zukunftsfähigen und wettbewerbsrelevanten Technologien zu sichern, gründet ZF im vergangenen Jahr die Tochterfirma Zukunft Ventures. Die soll sich an Start-ups beteiligen und ZF helfen, technologische Lücken zu schließen und schnell neue Geschäftsfelder zu erschließen. Im Blick hat Sommer vor allem Start-ups im Bereich des autonomen Fahrens.
Neues Gravitationszentrum
Einen „Marktplatz der besten Ideen“, nannte es Sommer. Ein „Ort der Offenheit“und ein „klares Bekenntnis zum Standort Friedrichshafen“war es für Brand: die neue Unternehmenszentrale, das Ende November 2016 eingeweihte ZF-Forum. Das markante Gebäude, in das rund 90 Millionen Euro investiert wurden, bietet rund 700 Mitarbeitern hochmoderne Arbeitsplätze.
Software aus Indien
Im März 2017 eröffnet ZF im indischen Hyderabad das India Technology Center. Dort sollen zukunftsweisende Elektronik- und Softwarelösungen für automobile und industrielle Anwendungen entwickelt werden. Damit will Sommer das globale Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk von ZF stärken und gleichzeitig die lokale Produktentwicklung in Indien ausbauen. Bis zum Jahr 2020 sollen 2500 Ingenieure in dem Technologiezentrum arbeiten.
Stolperstein Wabco
Es ist der Stolperstein, der Sommer den Job kostet: Nach der gescheiterten Haldex-Übernahme nimmt der ZF-Chef Gespräche mit dem belgischen Bremsen- und Fahrtechnikhersteller Wabco auf. Sechs Milliarden Euro stehen im Raum. Für den ZF-Eigner, die städtische ZeppelinStiftung, ein zu großes Wagnis. Zum endgültigen Zerwürfnis kommt es, als Sommer trotz fehlender Rückendeckung des Aufsichtsrats einen erneuten Anlauf zum Wabco-Kauf unternimmt und nach erlittener Abstimmungsniederlage öffentlich die ZF-Eigentümer mit deutlichen Worten kritisiert. (ank, mh, thb)