Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Konsenslösung“soll die Emotionen beruhigen
Schulentwicklung: Einstimmiger Beschluss, die beiden Grundschulen an ihren jeweiligen Standorten zu erhalten
KRESSBRONN - So voll wie am Mittwochabend ist der Zuschauerraum während einer Gemeinderatssitzung in Kressbronn nur selten: Zahlreiche Bürger waren gekommen, um die Entscheidung des Gemeinderats zur Schulentwicklung hautnah mitzuverfolgen. Einstimmig entschieden sich die Räte schließlich für die „Konsenslösung“, die vorsieht, die Zusammenlegung der Grundschulen an der Nonnenbachschule aufzuheben, die Nonnenbachschule in ihrer jetzigen Form zu erhalten und die Grundschule am Bildungszentrum „perspektivisch“zu entwickeln. Aufgrund der Emotionalität des Themas bat Bürgermeister Daniel Enzensperger anschließend die Bevölkerung darum, diese Entscheidung zu akzeptieren.
„Ich bitte die Bevölkerung um Verständnis, dass wir diese Entscheidung getroffen haben – und bitte ebenso darum, diese zu akzeptieren“, so der Bürgermeister am Ende des Tagesordnungspunktes. Wie berichtet, hatte das Gremium im November 2015 mit zwölf zu sieben Stimmen (Stefan Fehringer, Dieter Senger-Frey und Gerold Wachter, BWV, Britta Wagner, SPD, die Grünen mit Silvia Queri und Sabine Witzigmann sowie Martina KnappertHiese, GUBB) entschieden, die Grundschulen an der Nonnenbachschule zusammenzulegen – schon damals war das Thema ein hochemotionales. Dieser Beschluss wurde am Mittwoch nun aufgehoben.
Mängel festgestellt
Bürgermeister Enzensperger warf in seiner Ansprache einen Blick zurück: Gemeinderat und Verwaltung hätten sich im November 2015 umfassend informiert gefühlt, Fachleute und Architekten hätten sich im Laufe der Zeit intensiv mit dem Thema beschäftigt, das noch nie ein leichtes gewesen sei. „Bei genauerer Durchsicht haben wir aber Mängel festgestellt“, so Enzensperger mit Blick auf den Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs vom Januar diesen Jahres, der von den Dasch/Zürn-Architekten aus Stuttgart vorgelegt wurde. Vor allem die Tatsache, dass der vorhandene Freiraum an der Nonnenbachschule nahezu vollständig verbaut worden wäre, hatte für erhebliche Bedenken gesorgt. Nachbarschaft, Befürworter des Bildungszentrums als Standort, Aula-Nutzer und Aula-Denkmalschützer kritisierten den Siegerentwurf als keine umsetzbare Lösung. „Der Abriss der Aula dagegen war nicht neu“, so der Schultes, der darauf hinwies, dass die Diskussion um die Aula nicht den Ausschlag für eine neue Lösung gegeben habe.
Es folgte eine Pause im Verfahren, in der „jeder die Entscheidung überdacht hat, jeder – auch der Bürgermeister“, so Enzensperger. Da die Argumente heute und damals die gleichen seien, habe es in der Zwischenzeit keine Bürgerversammlung oder Gespräche mit den Rektoren gegeben. In einer Klausurtagung seien die Alternativlösungen schließlich erarbeitet worden, von denen die „Konsenslösung“alle Gemeinderäte mittragen hätten können. „Wir – alle Gemeinderäte und ich als Bürgermeister – wollen die Nonnenbachschule aus vielen Gründen erhalten, sie ist unsere traditionelle Grundschule in Kressbronn“, betonte der Bürgermeister immer wieder. Auch Karl Bentele sprach sich im Namen der CDU für die Nonnenbachschule aus: „Ich bekenne mich zur Nonnenbachschule, wir wollen sie erhalten, pädagogisch stärken und auf keinen Fall sterben lassen.“Stefan Fehringer (BWV) gab zwar zu, dass er ein Befürworter der Parkschule gewesen sei, die BWV allerdings mit der Konsenslösung auch leben könne. Es sei gut gewesen, „dass wir nochmal die Bremse reingehauen haben“, denn das pädagogische Konzept sei so nicht umsetzbar gewesen. Nun seien es die Eltern, die entscheiden würden, ob sie ihr Kind zur Ganztagsschule oder zur normalen Grundschule schicken würden. Martin Kolb (SPD) stellte fest: „Es bleibt ein schwieriges Thema, es gibt dazu keinen Konsens in der Bürgerschaft.“Die SPD sei für den Standort Nonnenbachschule und sehe für sie gute Chancen, da die Schülerzahlen nicht – wie vorhergesagt – sinken würden.
Viele Kosten durch Planung
Martina Knappert-Hiese (GUBB) bedauerte den langen Planungsprozess und die damit verbundenen Kosten, kündigte aber an, die Konsenslösung mitzutragen. Dieser schlossen sich auch die Grünen an, die sich zudem „sehr erleichtert“zeigten, denn „wir fanden die Lösung an der Nonnenbachschule wirklich sehr schlecht“, so Silvia Queri. Das Gremium sprach sich anschließend dafür aus, die Zusammenlegung der Grundschulen am Standort Nonnenbachschule aufzuheben und den Siegerentwurf des Architektenwettbewerbs nicht weiter zu verfolgen (einstimmig), die beiden Grundschulen an ihren jeweiligen Standorten zu erhalten (einstimmig) sowie die Nonnenbachschule in ihrer bisherigen Betriebsform zu erhalten (einstimmig). Mit einer Gegenstimme (Wolgang Binzler, CDU) beschloss der Gemeinderat die perspektivische Entwicklung der Grundschulen am Standort Bildungszentrum.
„Das bedeutet nicht, dass wir an der Nonnenbachschule nichts mehr machen – auch diese Schule braucht eine Entwicklungsperspektive, auch dann, wenn sie keine Ganztagsschule sein wird“, fasste Bürgermeister Enzensperger abschließend zusammen. Er gehe davon aus, dass die Nachfrage nach einer Ganztagsschule in Kressbronn „bei weit unter 50 Prozent liegen wird“.
„Es bleibt ein schwieriges Thema, es gibt dazu keinen Konsens in der Bürgerschaft.“Martin Kolb, SPD