Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Asylsuchende tritt Heimleiter
Streit im Flüchtlingsheim eskaliert – 25-jährige Nigerianerin wird zu Geldstrafe verurteilt
TETTNANG - Eine Asylbewerberin ist am Donnerstag vom Amtsgericht Tettnang wegen vorsätzlicher Körperverletzung, versuchter vorsätzlicher Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen á zehn Euro verurteilt worden. Richter Max Märkle sah es als erwiesen an, dass die 25-Jährige am 20. Januar diesen Jahres in einem Flüchtlingsheim im westlichen Bodenseekreis aus Unzufriedenheit über das ihr zugeteilte Zimmer einem Heimleiter einen Fußtritt versetzt und außerdem versucht hat, einen Polizisten zu treten.
Ausgangspunkt für einen eskalierten Streit war die Zuweisung einer Flüchtlingsunterkunft. Die Angeklagte, die bis dahin in Freiburg untergebracht war, hätte mit ihrem kleinen Baby mit ihrem Lebenspartner, der damals in einem Flüchtlingsheim in Friedrichshafen wohnte, zusammenziehen sollen. Der Lebenspartner hatte selbst einen dementsprechenden Antrag auf Familienzusammenführung gestellt. Das zugewiesene Zimmer entsprach dann jedoch nicht den Erwartungen der Geflüchteten.
Es habe kein WC gehabt, dies sei im unteren Teil des Hauses gewesen, sagte die Angeklagte, die ohne Anwalt, nur mit einem Dolmetscher vor Gericht erschienen war. Die Toilette sei außerdem verdreckt gewesen. Auch die Möblierung habe nicht gepasst.
Als Zeugen vernahm das Gericht zunächst den zuständigen Heimleiter vom Landratsamt sowie die Leiterin der Unterkunft, beide waren bei der Zuweisung der Wohnung dabei. Nach deren Aussagen hatten die Angeklagte und ihr Partner Möbel aus der Wohnung rausgeschoben und sich beschwert, dass zu viele Betten im Zimmer seien. Sie hätten ihre Unzufriedenheit deutlich gemacht, es sei lautstark diskutiert worden, sagte der Heimleiter. Er hätte immer wieder versucht deeskalierend zu zu handeln, aber die beiden seien „immer aggressiver“geworden. Laut der Leiterin habe es keinen Grund gegeben, eine andere Unterkunft zu suchen. Das Zimmer sei ordentlich und von der Größe her passend gewesen. Man habe sogar angeboten, später die Situation bei den Möbeln zu verbessern. Der Mann habe sich ihm dann bis zu 30 Zentimeter genähert und die Tür blockiert, sagte der Heimleiter. Die Angeklagte nahm nach übereinstimmenden Zeugenaussagen die Laptop-Tasche des Heimleiters und gab sie nicht mehr her, drohte auch sie aus dem Fenster zu werfen. Als man ihr die Tasche wegnehmen wollte, habe sie immer ihr Baby vorgeschoben. Weder eine ehrenamtliche Helferin noch zwei herbeigerufene Polizeibeamte konnten den Streit abmildern. Der Heimleiter fühlte sich bedroht und zog ein Pfefferspray.
Angeklagte: „Ich wurde übel angemacht“
Die Angeklagte fing nach eigener Aussage irgendwann an, mit ihrem Mobiltelefon ein Video zu drehen, dieses wurde später von der Polizei gelöscht. Darüber empörte sie sich vor Gericht. Anschließend sei das Handy noch zu Bruch gegangen. Sie sei „übel angemacht“worden, sagte sie. Nachdem der Streit weiter eskalierte, forderte die Polizei Verstärkung an, auch ein Polizeihund war im Einsatz. Der Partner der Angeklagten habe ihn dann „am Kragen gepackt“, sagte der Heimleiter, woraufhin die Polizei diesen mit Handschellen fesselte und ins Flüchtlingsheim nach Friedrichshafen zurückbrachte. Als schließlich auch der Heim- und die Unterkunftsleiterin von der Polizei weggebracht werden sollten, versetzte die Angeklagte dem Heimleiter einen Fußtritt in den Oberschenkel und versuchte auch einen Polizisten zu treten, der jedoch ausweichen konnte. Auch einer der diensthabenden Polizisten beschrieb das Verhalten der Angeklagten vor Gericht als „aggressiv“, man habe immer wieder versucht,
„Sie war nicht zugänglich.“Diensthabender Polizist vor Gericht
ihr zu erklären, was Sache sei, aber sie sei immer wieder aufbrausend geworden: „Sie war nicht zugänglich.“Ihr Baby habe sie immer wieder als Schutzschild eingesetzt. Während der Verhandlung stellte sich heraus, dass die Angeklagte während der Tatzeit schwanger war.
Die Angeklagte zeigte am Ende Reue. Sie wisse zwar nicht mehr, ob sie den Heimleiter mit dem Fußtritt getroffen habe, wenn ja, wolle sie sich entschuldigen. „Es tut mir leid.“Die Entschuldigung und ihr Geständnis hielt Richter Märkle der Angeklagten beim Strafmaß zugute. Genauso die Tatsache, dass ihr Tritt ohne Verletzungsfolge blieb. Mit den 45 Tagessätzen folgte er dem Antrag der Staatsanwaltschaft, die von Lisa Körner vertreten wurde.
Gegen die Angeklagte spreche, dass sie aus absolut nichtigem Grund gehandelt und bei der Auseinandersetzung ihr Kind instrumentalisiert habe: „Das geht aus Sicht des Gerichts gar nicht“, sagt Märkle. Auch ihre Vorstrafen hielt der Richter der Angeklagten vor. Sie war bereits wegen Erschleichung von Leistungen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden. Im Asylbewerberheim in Freiburg hatte sie einen anderen Flüchtling geschlagen und einen Polizisten gestoßen. Sie habe aus den Vorfällen in Freiburg nicht gelernt, sagte der Richter. Sie dürfe jetzt nicht in so einem Tempo weitermachen, sonst drohe ihr eine Freiheitsstrafe.