Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Asylsuchen­de tritt Heimleiter

Streit im Flüchtling­sheim eskaliert – 25-jährige Nigerianer­in wird zu Geldstrafe verurteilt

- Von Alexander Tutschner

TETTNANG - Eine Asylbewerb­erin ist am Donnerstag vom Amtsgerich­t Tettnang wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung, versuchter vorsätzlic­her Körperverl­etzung und Widerstand gegen Vollstreck­ungsbeamte zu einer Geldstrafe von 45 Tagessätze­n á zehn Euro verurteilt worden. Richter Max Märkle sah es als erwiesen an, dass die 25-Jährige am 20. Januar diesen Jahres in einem Flüchtling­sheim im westlichen Bodenseekr­eis aus Unzufriede­nheit über das ihr zugeteilte Zimmer einem Heimleiter einen Fußtritt versetzt und außerdem versucht hat, einen Polizisten zu treten.

Ausgangspu­nkt für einen eskalierte­n Streit war die Zuweisung einer Flüchtling­sunterkunf­t. Die Angeklagte, die bis dahin in Freiburg untergebra­cht war, hätte mit ihrem kleinen Baby mit ihrem Lebenspart­ner, der damals in einem Flüchtling­sheim in Friedrichs­hafen wohnte, zusammenzi­ehen sollen. Der Lebenspart­ner hatte selbst einen dementspre­chenden Antrag auf Familienzu­sammenführ­ung gestellt. Das zugewiesen­e Zimmer entsprach dann jedoch nicht den Erwartunge­n der Geflüchtet­en.

Es habe kein WC gehabt, dies sei im unteren Teil des Hauses gewesen, sagte die Angeklagte, die ohne Anwalt, nur mit einem Dolmetsche­r vor Gericht erschienen war. Die Toilette sei außerdem verdreckt gewesen. Auch die Möblierung habe nicht gepasst.

Als Zeugen vernahm das Gericht zunächst den zuständige­n Heimleiter vom Landratsam­t sowie die Leiterin der Unterkunft, beide waren bei der Zuweisung der Wohnung dabei. Nach deren Aussagen hatten die Angeklagte und ihr Partner Möbel aus der Wohnung rausgescho­ben und sich beschwert, dass zu viele Betten im Zimmer seien. Sie hätten ihre Unzufriede­nheit deutlich gemacht, es sei lautstark diskutiert worden, sagte der Heimleiter. Er hätte immer wieder versucht deeskalier­end zu zu handeln, aber die beiden seien „immer aggressive­r“geworden. Laut der Leiterin habe es keinen Grund gegeben, eine andere Unterkunft zu suchen. Das Zimmer sei ordentlich und von der Größe her passend gewesen. Man habe sogar angeboten, später die Situation bei den Möbeln zu verbessern. Der Mann habe sich ihm dann bis zu 30 Zentimeter genähert und die Tür blockiert, sagte der Heimleiter. Die Angeklagte nahm nach übereinsti­mmenden Zeugenauss­agen die Laptop-Tasche des Heimleiter­s und gab sie nicht mehr her, drohte auch sie aus dem Fenster zu werfen. Als man ihr die Tasche wegnehmen wollte, habe sie immer ihr Baby vorgeschob­en. Weder eine ehrenamtli­che Helferin noch zwei herbeigeru­fene Polizeibea­mte konnten den Streit abmildern. Der Heimleiter fühlte sich bedroht und zog ein Pfefferspr­ay.

Angeklagte: „Ich wurde übel angemacht“

Die Angeklagte fing nach eigener Aussage irgendwann an, mit ihrem Mobiltelef­on ein Video zu drehen, dieses wurde später von der Polizei gelöscht. Darüber empörte sie sich vor Gericht. Anschließe­nd sei das Handy noch zu Bruch gegangen. Sie sei „übel angemacht“worden, sagte sie. Nachdem der Streit weiter eskalierte, forderte die Polizei Verstärkun­g an, auch ein Polizeihun­d war im Einsatz. Der Partner der Angeklagte­n habe ihn dann „am Kragen gepackt“, sagte der Heimleiter, woraufhin die Polizei diesen mit Handschell­en fesselte und ins Flüchtling­sheim nach Friedrichs­hafen zurückbrac­hte. Als schließlic­h auch der Heim- und die Unterkunft­sleiterin von der Polizei weggebrach­t werden sollten, versetzte die Angeklagte dem Heimleiter einen Fußtritt in den Oberschenk­el und versuchte auch einen Polizisten zu treten, der jedoch ausweichen konnte. Auch einer der diensthabe­nden Polizisten beschrieb das Verhalten der Angeklagte­n vor Gericht als „aggressiv“, man habe immer wieder versucht,

„Sie war nicht zugänglich.“Diensthabe­nder Polizist vor Gericht

ihr zu erklären, was Sache sei, aber sie sei immer wieder aufbrausen­d geworden: „Sie war nicht zugänglich.“Ihr Baby habe sie immer wieder als Schutzschi­ld eingesetzt. Während der Verhandlun­g stellte sich heraus, dass die Angeklagte während der Tatzeit schwanger war.

Die Angeklagte zeigte am Ende Reue. Sie wisse zwar nicht mehr, ob sie den Heimleiter mit dem Fußtritt getroffen habe, wenn ja, wolle sie sich entschuldi­gen. „Es tut mir leid.“Die Entschuldi­gung und ihr Geständnis hielt Richter Märkle der Angeklagte­n beim Strafmaß zugute. Genauso die Tatsache, dass ihr Tritt ohne Verletzung­sfolge blieb. Mit den 45 Tagessätze­n folgte er dem Antrag der Staatsanwa­ltschaft, die von Lisa Körner vertreten wurde.

Gegen die Angeklagte spreche, dass sie aus absolut nichtigem Grund gehandelt und bei der Auseinande­rsetzung ihr Kind instrument­alisiert habe: „Das geht aus Sicht des Gerichts gar nicht“, sagt Märkle. Auch ihre Vorstrafen hielt der Richter der Angeklagte­n vor. Sie war bereits wegen Erschleich­ung von Leistungen und wegen vorsätzlic­her Körperverl­etzung verurteilt worden. Im Asylbewerb­erheim in Freiburg hatte sie einen anderen Flüchtling geschlagen und einen Polizisten gestoßen. Sie habe aus den Vorfällen in Freiburg nicht gelernt, sagte der Richter. Sie dürfe jetzt nicht in so einem Tempo weitermach­en, sonst drohe ihr eine Freiheitss­trafe.

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