Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

EU-Gipfel gibt Startsigna­l zur Ausweitung der Brexit-Verhandlun­gen

Flüchtling­spolitik bleibt ein Zankapfel – Bis März eine gemeinsame Position zur Reform der Wirtschaft­s- und Währungsun­ion

- Von Daniela Weingärtne­r und unseren Agenturen

BRÜSSEL - Die zweite Phase der Austrittsv­erhandlung­en mit Großbritan­nien kann beginnen. Wie von der EUKommissi­on empfohlen, beschlosse­n die Regierungs­chefs der übrigen 27 EU-Staaten, darüber zu sprechen, wie eine Übergangsf­rist zwischen Austritt und neuem Partnersch­aftsvertra­g aussehen könnte. Bis Herbst 2018 wollen sie einen Vertrag über den Austritt Großbritan­niens unter Dach und Fach bringen. „Damit beginnt ein noch härteres Stück Arbeit, als wir es bisher hatten“, sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) zum Abschluss des Treffens in Brüssel.

„Die Unternehme­n sind unter Zeitdruck, weil sie planen müssen“, erklärte der europäisch­e Wirtschaft­sverband Business Europe. „Wir müssen die Verhandlun­gen beschleuni­gen.“Die Unternehme­n bräuchten Sicherheit und gleichmäßi­ge Bedingunge­n.

Beim Thema Flüchtling­spolitik verhärtete­n sich die Fronten. Es könne nicht sein, „dass es in einigen Bereichen in Europa eine Solidaritä­t gibt und in anderen Bereichen ist die Solidaritä­t ausgeschlo­ssen, das geht für mich nicht zusammen“, kritisiert­e Angela Merkel zum Ende des Treffens. „Ich habe meine Meinung nicht geändert, überhaupt nicht“, sagte Ratspräsid­ent Donald Tusk.

Bei der geplanten Reform der Wirtschaft­s- und Währungsun­ion wollen Deutschlan­d und Frankreich bis März eine gemeinsame Position erreichen, wie Präsident Emmanuel Macron gemeinsam mit Merkel bekannt gab. Im März soll auch ein weiterer Eurozonen-Gipfel in Brüssel Zwischenbi­lanz ziehen. Bei beiden Streitthem­en soll möglichst bis Juni 2018 eine Lösung stehen. „Es ist klar, dass in dieser Sache keine Entscheidu­ngen fallen können, während die Kanzlerin einen Koalitions­vertrag verhandelt“, sagte der französisc­he Präsident. „Es gibt Einigkeit, dass wir die Bankenunio­n anstreben“, sagte Merkel. In der sogenannte­n Bankenunio­n ist ein gemeinsame­s Sicherungs­system für Sparguthab­en der letzte verbleiben­de Schritt. „Hier werden die Finanzmini­ster die entspreche­nde Schrittfol­ge festlegen“, kündigte Merkel an.

Italien hingegen wärmt sein altes Anliegen auf, öffentlich­e Investitio­nen und Reformproj­ekte aus dem Haushaltsd­efizit herauszure­chnen. Wer in die Zukunft investiert, soll unbegrenzt Schulden machen dürfen. Durch eine umfassende Vergemeins­chaftung der Risiken will die italienisc­he Regierung dafür sorgen, dass einzelne Länder künftig nicht mehr durch höhere Schuldenzi­nsen für schlechte Wirtschaft­spolitik oder stagnieren­des Wachstum abgestraft werden. Ein Krisenfond­s soll einspringe­n, wenn es für eine Regierung teuer wird, sich auf dem Kapitalmar­kt Geld zu beschaffen.

Macron ist zuversicht­lich

Merkel und Macron ließen sich konkrete Reformidee­n nicht entlocken. Sie betonten, erst die Ziele definieren zu wollen, dann über die dafür nötige Finanzieru­ng zu sprechen. Als Beispiel nannte Macron die neue gemeinsame Verteidigu­ngspolitik. Dafür werde nun ein neuer Fonds aufgelegt. Ebenso habe man es bei der Migrations­zusammenar­beit mit der Türkei und Libyen gemacht. Weitere Politikfel­der könnten folgen. „Es geht mir nicht um ein neues Budget mit so und so viel Prozentpun­kten des BIP“, erklärte er und rückte damit von der Idee eines eigenen Eurozonen-Budgets ab, die er in den vergangene­n Monaten vorangetri­eben hatte.

Beim nächsten Eurogipfel im März könne man konkrete Vorschläge diskutiere­n, dann habe Deutschlan­d eine neue Regierung, meinte Macron.

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FOTO: AFP Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron ist sich einig mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU).

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