Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Falsche Polizei ergaunert 125 000 Euro
Amtsgericht Tettnang verurteilt Kuriere einer Betrügerbande.
FRIEDRICHSHAFEN - Immer wieder wurden in letzter Zeit Rentner aus ganz Deutschland Opfer von Betrügern. Diese geben sich dabei als Polizisten aus, die Geld der Betroffenen vor angeblichen Einbrechern schützen wollen – und es dann an sich nehmen. Nun standen zwei Kuriere der Betrüger als Angeklagte in Tettnang vor Gericht, die Einblicke in das auch in der Region immer wieder auftretende Betrugssystem gaben.
Die zwei in Tettnang Angeklagten waren nicht direkt Teil der Betrügerbande aus dem Ausland. Laut Anklageschrift sollten die 21 und 28 Jahre alten Männer aber als Geldkuriere eingesetzt werden und Wertsachen von betrogenen Opfern abholen.
Dafür war eine nicht näher bekannte Gruppe, die möglicherweise aus der Türkei operiert, laut Anklageschrift folgendermaßen vorgegangen: Erst riefen die noch unbekannten Täter gezielt bei Rentnern in ganz Deutschland, darunter auch am Bodensee, an. Dabei gaben sie meist vor, von der Polizei zu sein und eine Einbrecherbande geschnappt zu haben. In einem Notizheft der Einbrecher, die es nie gab, wollen die falschen Polizisten dann angeblich gelesen haben, dass die angerufenen Opfer eines Einbruchs werden sollten.
Nach mehreren Anrufen soll es der Bande im Fall von Tettnang gelungen sein, ein Vertrauensverhältnis zum arglosen, 93 Jahre alten Opfer aufzubauen und es dann überredet haben, Geld an die vermeintlichen Polizisten zu übergeben und es so vor den erfundenen Einbrechern zu schützen. Die Masche ist in den vergangenen Monaten immer wieder am Bodensee genutzt worden oftmals wohl mit Erfolg. Das liegt auch daran, dass die Betrüger durch einen technischen Trick die Notrufnummer „110“auf den Telefonen ihrer Opfer anzeigen lassen.
Angeklagte sollten Geld abholen
Am Ende holten die beiden Angeklagten, die von der unbekannten Bande angeheuert wurden, 100 000 Euro vom Opfer in Tettnang ab. Schon zuvor hatte die Frau allerdings 125 000 Euro an die Betrüger überwiesen. Dieses Geld ist wohl für immer verschwunden. Doch immerhin konnte die zweite Tranche von 100 000 Euro gerettet werden.
Zum Verhängnis wurde den Angeklagten nämlich, dass die Kripo Friedrichshafen ein paar Tage vor der Kurierfahrt von Beamten in Hamburg über den Betrugsversuch informiert wurde. In dem Umschlag, den die Fahrer holen sollten, wurde deshalb Falschgeld platziert. Nachdem die Kuriere das Geld abgeholt hatten, wurden sie von den Häfler Beamten verfolgt und konnten so festgenommen werden.
Vor Gericht gab einer der Kuriere nun an, kein Bandenmitglied zu sein und über die Umstände seiner Fahrt erst im Nachhinein aufgeklärt worden zu sein. Allerdings war er laut Gericht schon einmal bei einer Geldübergabe dabei gewesen, sodass der Richter der Meinung war, er hätte zumindest misstrauisch sein müssen.
Ein wesentlicher Unterschied der beiden Angeklagten war nun, dass einer von beiden von vornherein in den Betrugsversuch eingeweiht war, der andere zumindest nicht nachweisbar. Deshalb erhielt er nur eine Strafe von einem Jahr und zwei Monaten auf Bewährung und 150 Stunden gemeinnütziger Arbeit. Sein Mitfahrer, der von den Plänen wusste, bekam eine Strafe von einem Jahr und sechs Monaten, ebenfalls auf Bewährung, und 200 Stunden gemeinnützige Arbeit. Außerdem steht ihm für ein Jahr ein Bewährungshelfer zur Seite. Gegen ein weiteres Mitglied der Bande, das sich in Deutschland aufhält, wird nun auch ermittelt.