Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Separatisten triumphieren
Liberale Partei kann bei Katalonien-Wahl dennoch zulegen
BARCELONA (AFP/dpa) - Die Separatisten in der spanischen Krisenregion Katalonien haben bei der Parlaments-Neuwahl ihre absolute Mehrheit verteidigt. Die drei für eine Unabhängigkeit eintretenden Parteien erreichten nach Auszählung von mehr als 90 Prozent der Stimmen 70 der insgesamt 135 Sitze des Parlaments in Barcelona, wie die Wahlbehörde am späten Donnerstagabend mitteilte. Die Allianz von Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont schnitt entgegen aller Umfrageergebnisse außerordentlich gut ab und kam auf 34 Sitze. Die Gegner der Unabhängigkeit verpassten die absolute Mehrheit überraschend deutlich. Die liberale Partei der 36-jährigen Spitzenkandidatin Inés Arrimadas, die gegen eine Abspaltung der Region von Spanien ist, hat zwar Mandate dazugewonnen – jedoch gab es wegen des schlechten Abschneidens möglicher Koalitionspartner keine Chance auf eine Regierungsbildung.
BARCELONA (dpa) - Monatelang hat es in Katalonien kaum ein anderes Gesprächsthema als die Neuwahl in der Region gegeben. Jetzt ist klar: Das Ergebnis bringt keine Lösung der Krise, die Separatisten haben weiter eine Mehrheit. Aber einigen von ihnen drohen Strafverfahren.
Wer Regionalpräsident wird, war am Donnerstagabend noch unklar. Sowohl Puigdemont, der sich nach Brüssel abgesetzt hat, als auch der in U-Haft sitzende Junqueras hatten vor der Abstimmung erklärt, sie wollten das Amt für sich beanspruchen. Mit Spannung wird erwartet, wie Puigdemont auf das Wahlergebnis reagieren wird. Kehrt er nach Katalonien zurück, droht ihm die Festnahme. Ihm und seinen Mitstreitern werden Rebellion, Aufruhr und Veruntreuung öffentlicher Gelder vorgeworfen.
Die Neuwahl fand knapp zwei Monate nach der Absetzung der Separatisten-Regierung durch die Zentralregierung von Mariano Rajoy statt. Seither kontrolliert diese die Region. Die Zwangsverwaltung soll in Kraft bleiben, bis die neue Regionalregierung ihr Amt antritt. Dies könnte aber im Falle von schwierigen Koalitionsverhandlungen noch einige Zeit dauern.
Schon vor Öffnung der 2680 Wahllokale hatten sich am Morgen vielerorts lange Schlangen gebildet. Am späten Abend war klar: Fast 82 Prozent der 5,5 Millionen wahlberechtigten Bürger waren zu den Urnen gegangen – ein neuer Rekord. Bei der vorangegangenen Regionalwahl 2015 in der nordostspanischen Region, die von den Separatisten zum „Plebiszit über die Unabhängigkeit“erklärt worden war, waren 77 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen gegangen.
Für Katalonien war die Wahl extrem wichtig und richtungsweisend. Seit Wochen gab es in ganz Spanien kaum ein anderes Thema in den Medien. Durch die absolute Mehrheit der separatistischen Parteien geht der Ärger mit Madrid nun vermutlich weiter, auch wenn mehrere Spitzenpolitiker vor der Wahl betont hatten, sie wollten künftig mehr auf einen Dialog setzen. „Aber die Beziehung zu Spanien wird nie wieder dieselbe sein“, sagte der separatistische Wähler Xavi in Barcelona nach der Stimmabgabe.