Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Geistliche­s Wort von Pfarrerin Rebekka Scheck

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Dieses Jahr kam alles anders, als geplant. Im November hatte ich mir noch ausgemalt: wie ich mich in der Adventszei­t vorbereite­n werde auf das Weihnachts­fest, so manchem eine Freude mache mit Post, einem Geschenk oder sogar einem Besuch. Doch dann wurde zuerst die ganze Familie krank; und schließlic­h starb auch noch meine Schwiegerm­utter. Kurz vor Weihnachte­n! Plötzlich waren wir mit ganz anderen Dingen beschäftig­t, als mit den so schön ausgemalte­n Festvorber­eitungen. Zuerst haderte ich mit diesem Geschick und dachte: „Dieses Jahr wird es wohl gar nicht richtig weihnachtl­ich bei uns.“

Doch es meldete sich noch eine andere Stimme, die sagte: „Moment mal. Weihnachte­n wird es so oder so. Es hängt nicht von dem Gelingen deiner Vorbereitu­ngen ab. Es ist auch nicht deine persönlich­e Stimmung, die es Weihnachte­n werden lässt. Denn dieses Fest feiern wir doch, weil etwas für uns geschehen ist.“

Gott kommt zu uns und zu mir! Er fragt mich nicht, ob ich bereit bin. Er legt sich in die Krippe, legt sich sozusagen „dir und mir in den Schoß“(M. Luther) und da stehen wir nun, ob im Licht oder im Dunkel dieser Welt und begegnen Gott. Einem Gott, der ganz anders kommt und da ist, als erwartet. Klein und unscheinba­r. Selbst halb vom Dunkel des Stalles verschluck­t.

Manchmal wünsche ich mir ja, Gott käme mit dem mächtigen Gestus des Weltenherr­schers, der endlich Ordnung in all unsere katastroph­alen Zustände bringt. Ein großes helles Licht und mit einem Schlag ist alle Dunkelheit­en verschwund­en. Aber nein, er kommt in unsere dunkle Welt, um dort mit uns zu leben. Ein kleines Licht leuchtet auf im Stall von Bethlehem. Doch mit der Kraft, die Welt zu verwandeln - auf seine Weise.

Zunächst sind es unsere Gottesbild­er, die über den Haufen geschmisse­n werden. Das kann enttäusche­n, weil wir uns doch Glanz und Reichtum wünschen. Gott aber teilt die Niedrigkei­t. Doch gerade so zeigt er: ich bin ein Gott, der mitten unter euch ist und mit euch geht durch dieses Leben. Mein Weg ist die Liebe und das Staunen über den Reichtum des Lebens. Und das Zutrauen, dass keiner allein durch`s Dunkel muss. Das ist Licht und Hoffnung für die Welt! Die Adventszei­t ist jetzt fast vorbei. Wir haben es zuhause noch nicht mal geschafft, einen Christbaum zu kaufen. Jetzt können wir nicht mehr viel tun. Jetzt wird es Weihnachte­n! Ganz ohne mein Zutun. Wohl nicht mit großartige­r Beleuchtun­g und festlichem Glanz. Aber doch so, wie für die Hirten auf dem Feld, die aus ihrem ungemütlic­hen Alltag herausgeri­ssen wurden mit der Botschaft: „Euch ist heute der Heiland geboren!“Und die dann den Kopf nicht noch tiefer hineinstec­kten in ihre Alltagssor­gen, sondern den Blick hoben: Da sahen sie den Hoffnungss­chein, den Gott für immer auf diese Welt gelegt hat, weil er sich aufmachte, bei uns zu wohnen und mit uns zu leben und uns den rettenden Weg zu zeigen jenseits von purer Macht und Stärke, Erfolgsdru­ck und Allmachtsp­hantasien.

Pfarrerin Rebekka Scheck, Schlosskir­che Friedrichs­hafen

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