Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Die fahren für’n Apfel und’n Ei“
Amtsgericht legt Taxi-Unternehmer „Organisationsverschulden“zur Last
FRIEDRICHSHAFEN (sig) - Wegen Organisationsverschulden und vorsätzlicher Zurückhaltung von Aufzeichnungen hat das Amtsgericht Tettnang gestern einen Taxiunternehmer aus Friedrichshafen zu einer Geldstrafe von 4000 Euro verurteilt. Zu der Verhandlung war es gekommen, weil der Mann einen Bußgeldbescheid des Landratsamts Friedrichshafen wegen einer Ordnungswidrigkeit in Höhe von 6000 Euro nicht akzeptiert hat, obwohl der nach den Worten von Richter MartinHussels-Eichhorn „fast ein Weihnachtsgeschenk“war.
Der Häfler Taxi-Unternehmer war von einer Mitbewerberin aus Stockach beschuldigt worden, Krankentransportfahrten in nicht konzessionierten Fahrzeugen veranlasst zu haben. Vier Stunden lang und „mit großer Ernsthaftigkeit“, so der Vorsitzende, hat das Gericht untersucht, ob es sich bei den Fahrten um lediglich „sporadische“Einsätze handelte – wie der Taxen-Chef betonte – oder mehr. Letztlich kam das Gericht zu dem Schluss, dass der Einsatz des für die Personenbeförderung nicht zugelassenen Fahrzeugs über sechs Monate und vorsätzlich gelaufen war. Nicht abgenommen hat das Gericht dem Mann, das fragliche Fahrzeug nur gelegentlich und „sporadisch“zu Krankentransportfahrten genutzt zu haben, wenn andere Taxen aus seinem Fuhrpark wegen Reparaturarbeiten und ähnlichem nicht einsatzfähig gewesen waren. Zu 80 Prozent seien seine Fahrzeuge zu Kurierfahrten mit Prospekten, Zeitschriften und Zeitungen unterwegs, betonte der Taxler, der für zwei seiner Fahrzeuge Personenbeförderungs-Zulassungen besitzt.
Im Zeugenstand hat die Mitbewerberin Fotos vorgelegt, die sie und ihre Fahrer vom nicht konzessionierten Auto des Mannes vor dem Stockacher Krankenhaus geschossen haben. Während der Häfler Taxi-Betreiber davon sprach, seine Fahrer seien dort zum Essen in die Kantine gegangen, berichtete sie von Patienten, die dort aus den Autos stiegen und zur Behandlung in die Klinik gingen. Ihren Aussagen zufolge transportierten die „hundsalten Kärren“aus Friedrichshafen von Stockach aus regelmäßig Kranke und Patienten unter anderem zur Bestrahlung nach Singen und Radolfzell. Anschließend stünden die Autos wieder in Stockach. Außerdem warf sie dem Kollegen den Abschluss von (billigen) Prämienverträgen mit Krankenkassen vor, um so zu Aufträgen zu kommen und Landkreistarife zu umgehen. „Die fahren für’n Apfel und‘n Ei“, kritisierte sie. Der Sachbearbeiter des Landratsamts nannte im Zeugenstand das Fahren ohne Konzession „vorsätzliches Handeln“über einen großen Zeitraum.
Kein „eiskalter Abzocker“
Schon früh sah Richter Martin Hussels-Eichhorn die Vorwürfe zutreffend. Daran ändere auch die nachträgliche Vorlage von Unterlagen nichts, sagte er. Unverständlich war für ihn, den zuvor ergangenen Bußgeldbescheid nicht akzeptiert zu haben, denn das Landratsamt habe die Strafhöhe „mit Augenmaß“festgelegt und die wirtschaftlichen Vorteile durch das Fahren ohne Konzession gar nicht berücksichtigt. Gleichwohl habe der Taxi-Unternehmer keinen Wettbewerbsvorteil im großen Ausmaß erzielt. Er sei „kein eiskalter Abzocker“.
Dessen Verteidiger meinte, sein Mandant sei kein Unternehmer, der in großem Stil Fahrzeuge im Einsatz habe. Es handle sich um einen Einzelfall, der auf wenig belastendem Material allein durch die Anzeige einer Mitbewerberin fuße. Es reiche nicht, dass diese Lichtbilder vor dem Krankenhaus zeige, deren Verwendbarkeit er bezweifelte.
Der Vorsitzende sprach den Häfler Taxi-Unternehmer der Aufsichtsverletzung schuldig, für die er ein Bußgeld von 3000 Euro verhängte. Er ist außerdem der vorsätzlichen Nichtvorlage von Unterlagen schuldig, für die er weitere 1000 Euro bezahlen muss. Außerdem trägt er die Gerichtskosten.