Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Überwältig­ende Hilfsberei­tschaft für Herbert M.

Altersarmu­t berührt die Häfler

- Von Felix Kästle

FRIEDRICHS­HAFEN - Sprachlos glücklich. Innerlich bewegt. Und vor Freude überwältig­t. So fühlt sich Herbert M. nach der spontanen Hilfe von Friedrichs­hafener Mitbürgern. Mit nur 381 Euro kämpft sich der 75Jährige Monat für Monat durchs Leben. Jetzt hat ein „Häfler helfen“-Artikel eine Flut von Hilfsberei­tschaft ausgelöst, wie Diakon Ulrich Föhr sagt. Er selbst ist tief berührt.

Nur ein paar Cent im Hosensack, die Wohnung bitterkalt und in der Seele vereinsamt. So hatte der Chronist vor wenigen Tagen die Altersarmu­t auf den Punkt gebracht, die den Rentner zermürbt. Schier fassungslo­s, doch im Inneren strahlend hat Herbert M. (Name von der Redaktion geändert) jetzt im Stadtdiako­nat das abgeholt, was Mitbürger für ihn abgegeben haben. „Sieben Menschen waren da, die unmittelba­r und konkret helfen wollten. So viel Hilfsberei­tschaft auf einen Artikel hat es noch nie gegeben. Das macht mich ganz sprachlos“, sagt Diakon Ulrich Föhr. Meist seien es Senioren im ähnlichen Alter gewesen, die sich innerlich angesproch­en fühlten, denen es gut gehe und die deshalb wie Sankt Martin von ihren Gütern abgeben wollten. Diesen Eindruck hatte Ulrich Föhr.

Einem Mann war es ein Anliegen, Geld für Herbert M. zu überweisen, damit er sich an Weihnachte­n etwas Guten zu Essen leisten kann. Ein anderer bot Herbert M. einen Job an. Und eine Frau brachte eine ganze Einkaufsta­sche mit Leckereien und Pflegearti­keln vorbei. Mit dabei waren auch die fehlenden Einwegrasi­erer. Konkrete Hilfe gegen eine ganz greifbare Not. „Besonders zu Herzen ging den Hilfsberei­ten, dass Herbert M. abends das Licht ausknipst und das Laternenli­cht von draußen nutzt, um Strom und Geld zu sparen“, hat Diakon Föhr im direkten Gespräch erfahren. Und: „Die roten, selbst gestrickte­n Socken hat Herbert M. bei seinem jüngsten Besuch im Stadtdiako­nat gleich angehabt. So sehr hat ihn das Geschenk gefreut. Er war sichtlich gerührt, dankbar und stand mit offenem Mund da.“

Drei Jahre Seniorenkn­ast liegen hinter dem hageren Mann. Heimerfahr­ung und Missbrauch haben den Senior tief geprägt, ihn herunterge­zogen. Herbert M. vereinsamt­e über die Jahre mehr und mehr. Und von Kontakt zu seinen Kindern konnte Herbert M. nur noch träumen. Bis vor wenigen Tagen. Da hat sich seine Tochter auf den Artikel hin gemeldet. Das war für Herbert M. ein sehr schönes Geschenk. Und: „Das kann der Beginn eines neuen Kontaktes sein“, habe Herbert M. ganz vorsichtig formuliert, so Föhr, der die Leere und Einsamkeit des Rentners kennt.

Auf wenigen Quadratmet­ern fristet Herbert M. sein Leben. Gerade mal 381 Euro hat er im Monat zur Verfügung. „Da ist es eine ganz besondere Wertschätz­ung, wenn die Menschen hier vorbeikomm­en, um Hilfe fühlbar und greifbar werden zu lassen“, sagt Diakon Föhr zur Resonanz auf den Artikel. Der Tenor, den er dabei immer wieder erfährt: „Toll, dass es euch gibt. Und gut, dass es die Aktion Häfler helfen gibt“, sagt Föhr, den die Hilfsberei­tschaft tief bewegt. Häfler helfen – in der Tat.

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FOTO: LIX „Das macht mich ganz sprachlos“, sagt Diakon Ulrich Föhr.

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