Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Exquisiter Chor- und Sologesang
Weihnachtskonzert in St. Nikolaus beschert besondere Klangerlebnisse
FRIEDRICHSHAFEN - In ruhiges Licht getaucht, hat die Nikolauskirche am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages die zahlreichen Gäste empfangen, die zum Weihnachtskonzert mit dem Ensemble 14 und dem Jugendchor St. Nikolaus/St. Petrus Canisius gekommen sind. Der Schwerpunkt lag auf der Chormusik der anglikanischen Kirche mit ihrer reichen Tradition.
Mit dem „Ensemble 14“hat Kantor Nikolaus Geršak seit 2014 einen Kammerchor aufgebaut, der in besonderer Gesangskultur zeitgenössische Literatur erleben lässt. Auch sein Jugendchor mit sieben Mädchen ist so herangereift, dass er sich an immer anspruchsvollere Werke wagt und sein frischer, klarer A-cappellaGesang eine Freude ist. Als „Grenzgängerin“ ist Verena Seyboldt, deren junger, heller Sopran in wunderbaren Soli innig strömte, noch in beiden Ensembles dabei. Im Konzert waren in harmonischem Wechsel der Jugendchor, der Jugendchor zusammen mit den Frauen des Ensembles 14 und zuletzt ein geschlossener Block des Ensembles 14 zu hören, eingestreut hat Geršak zwei Werke an der großen Orgel.
Wunderbar drang zur Eröffnung ein Sopransolo von der Empore in den Raum, ehe Frauenstimmen und Orgel David Willcocks Carol „Once in Royal David’s City“fortführten. Zu Willcocks Bearbeitung von „O come, o come, Emmanuel“schritten die Frauen feierlich zum Altar. Zart meditierend und immer lichter werdend, führte Geršak an der Orgel mit Brahms’ Choralvorspiel zu „Es ist ein Ros’ entsprungen“in die Weihnacht. In großer Schönheit erblühte Heinrich Kaminskis Bearbeitung des alten Lieds „Maria durch ein Dornwald ging“. Schlicht und demütig war der Gesang, der nicht die Kunst zelebrierte, sondern Andacht und Ehrfurcht erleben ließ. Eine faszinierende Klangwelt malte das Ensemble 14 mit Arvo Pärts „Magnificat“. Eingehüllt in die Männerstimmen erklang Seyboldts Sopransolo im Wechsel mit den Frauenstimmen, beide Elemente ergaben ein wunderbar differenziertes Klanggebilde.
Bezaubernd frisch folgte der Jugendchor mit Willcocks „Away in a manger“, während in John Rutters Fassung von „In dulci jubilo“Mädchenund Frauenstimmen einander beflügelten. Noch einmal vereinigten sie sich im Carol „The first nowell“, ließen Engelsstimmen die frohe Botschaft verkünden. Mitreißend ließ die Orgel in Craig Sellar Langs „Tuba Tune“in vielfarbigem Tanz die Festesfreude erklingen.
A cappella sang nun das Ensemble 14 nach zärtlichem Wiegenlied drei Bearbeitungen zum mystischen Chor „O magnum mysterium“, angefangen mit dem Renaissancekomponisten Tomas Luis de Victoria, der sich ehrfürchtig dem Geheimnis nähert und in freudiges Alleluja mündet, bis zu Morten Lauridsens atemberaubend schönem Staunen vor dem Wunder der Menschwerdung Christi, das ganz still in der Tiefe verklang. Suggestiv band Hedwig Sauters Sopransolo das vertraute „Stille Nacht“in Fredrik Sixtens „Mary’s Lullaby“ein. Eindrucksvoll war, wie intensiv sich die zeitgenössischen Komponisten mit dem alten Liedgut auseinandersetzen, wie sie zu neuen Klang- und Verstehens-Erlebnissen führen.