Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Dui do on de sell“sorgen für Lachtränen
Schwäbischer schwarzer Humor: Petra Binder und Doris Reichenauer unterhalten im Bahnhof Fischbach
FRIEDRICHSHAFEN - Die beiden sind im Bahnhof Fischbach keine Unbekannten: Am Abend des zweiten Weihnachtsfeiertages waren Petra Binder und Doris Reichenauer dort zum zweiten Mal in diesem Jahr zu Gast und sorgten als „Dui do on de sell“mit ihren scharfzüngigen Äußerungen für ordentlich Lachtränen.
Mit ihrer Aufteilung in die eher leicht zu begeisternde Rolle, die Binder übernahm, und den dauerbruddelnden Part Reichenauers entflocht sich ein reibungsfreudiges Zwiegespräch. Besonders einen Herrn aus Holstein hatten die beiden im Visier, der sich mit seiner tapferen Meldung als Zuschauer von „weiter her“in diese Lage gebracht hatte. Zu Beginn musste er einen kleinen Schwäbischtest meistern, um zu beweisen, dass er mit dem Dialekt keine Probleme habe und setzte sich dann prompt in die Nesseln. „A wengerle“verstehe er die Lokalsprache, ließ er verlauten, worauf er sofort von Reichenauer zurechtgewiesen wurde, man müsse es nicht übertreiben. Das heiße „a weng“. Überhaupt wachse man ja hier im Süden zweisprachig auf: Man sage „Gaul“und schreibe „Pferd“.
Aus dem Alltag einer Schwäbin
Neben spitzen Bemerkungen direkt ans Publikum oder an sich gegenseitig gerichtet, plauderten die beiden aus dem Alltag als Schwäbin, als Mutter mit jeweils zwei Kindern zu Hause und als Frau im Allgemeinen. Dabei durfte so manches Vorurteil gegen das eigene Geschlecht nicht fehlen: Etwa, wie gern man sich vom jeweiligen Mann etwas kaufen lasse, wie toll Shopping und vor allem eine neue Handtasche gegen miese Laune helfe und wie man als Frau zwischen Diäten hin- und hergerissen sei.
Schließlich entpuppte sich Reichenauers aktueller Mann, „ihr Frischer“, als wahrer Wortakrobat. In seinem Tagebuch – das ihr zufällig heruntergefallen sei – habe sie gelesen, wie er seinen Tagesablauf schilderte. „Sexuelle Aktivitäten“stand da oft zu lesen. Sie hakte nach. „Das ist immer dann, wenn du mir auf’n Sack gohsch.“, habe die Erklärung gelautet.
Immer wieder durfte auch ein alter Witz in neuem Gewand zum Leben erwachen und sorgte so mit einem kleinen unbekannten Kniff oder Extra für ebenso viele Lacher im Saal wie die Plaudereien aus dem Familienund Beziehungsnähkästchen der beiden.
Neben dem eigenen Dialekt war auch die Sprache der „Jungen“ein Thema, die vor allem ein Wort kenne: chillen, und das direkt in mehrfacher Bedeutung, mal als Hobby, mal als Aufforderung an die eigene Mutter, sich ein wenig zu entspannen: „Mama, chill doch mal“, zitierte Reichenauer ihren Sohn. Auch an junge Eltern richteten die beiden ihre Worte. „Schreibt den Namen nicht nur, sprecht ihn auch aus“, rieten sie da etwa angesichts einer „Jennifer Reck“zur Namensfindung. Zwischendurch gab's immer wieder eine Lebensweisheit. „Männer werden seltsam, wenn sie sich wehmachen.“, hieß es da etwa oder aber: „Das Leben ist ein Kreislauf, alles hängt zusammen. Wenn du dir am Hintern ein Haar ausreißt, dann fängt dein Auge an zu tränen.“
Im flotten Themenwechsel folgte so Pointe auf Pointe und sorgte für Lachtränen und manche Selbsterkenntnis in den Reihen des überaus bunt gemischten Publikums.