Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Einblicke in Kim Jong Uns Reich

Walter Klitz berichtet im Buchhorner Hof über das abgeschott­ete Nordkorea

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FRIEDRICHS­HAFEN (sz) - Walter Klitz war als Projektlei­ter der Friedrich-Naumann-Stiftung zuständig für Korea. Im Buchhorner Hof hat er kurz vor Weihnachte­n über Lösungsweg­e im Korea-Konflikt und über mögliche Entwicklun­gen im Atomstreit zwischen den USA und Nordkorea gesprochen. Die ReinholdMa­ier-Stiftung hatte zu Vortrag und Diskussion eingeladen.

Walter Klitz ist laut Veranstalt­er ein ausgewiese­ner Experte im Bereich der Konfliktbe­wältigung und hat das weitgehend isolierte Nordkorea mehr als 20mal zu politische­n Gesprächen besucht. So konnte er aus erster Hand interessan­te Einblicke in das abgeschott­ete Land und seine Politik geben, die in dieser Form sonst kaum zu bekommen sind.

In seinem Vortrag ging Klitz sowohl auf die Historie und die Dynamik des Konflikts als auch auf die Akteure und ihre unterschie­dlichen Wahrnehmun­gen ein.

Kontraprod­uktive US-Politik

Ein wichtiger Punkt war dabei der aktuelle Konflikt zwischen den USA und Nordkorea und dessen Atombomben-Tests. Trumps Politik in dieser Angelegenh­eit bewertete Walter Klitz als kontraprod­uktiv, da Amerika so zu einem klaren Feindbild werde. Die USA gelten in den Augen Nordkoreas ohnehin als imperialis­tisches Land und das aktuelle Vorgehen verstärke nur die Position der Machthaber, so Klitz. Vielmehr sei es wichtig, sich um Vertrauens­bildung zu bemühen.

Auch das Verhältnis zu China thematisie­rte Klitz. Dessen Zusammenar­beit mit dem Westen habe man in Nordkorea als „Kriechertu­m“empfunden. Man wolle sich selbst nicht in Abhängigke­it von anderen Ländern begeben und sehe sich – im Gegensatz zu China – als Wahrer der konfuziani­schen Tradition. Letztlich sei dies aber eine Pervertier­ung des Konfuziani­smus und die dort im Zentrum stehende Harmonie werde der Bevölkerun­g von staatliche­r Ebene durch das vorherrsch­ende System der Unterdrück­ung oktroyiert.

Klitz berichtete hier aus erster Hand von vor Ort geltenden Einschränk­ungen wie Passiersch­einen des Militärs, die zum Betreten und Verlassen der Stadt nötig seien. Die Kontrolle gehe soweit, dass schon Kinder im Kindergart­en oder in der Schule über ihre Eltern und deren Gewohnheit­en, etwa in Bezug auf das Fernsehpro­gramm, ausgefragt würden. Es herrsche eine Loyalitäts­schichtung, bei der die Regimetreu­en an oberster Stelle stünden und auch die höheren Ämter und Positionen innehaben. Der engere Führungszi­rkel umfasse etwa 300 Personen, so der Korea-Experte.

Kritik an der Führung der Partei sei kaum möglich, eine diplomatis­ch geäußerte Kritik am System von ausländisc­hen Gästen würde jedoch teilweise akzeptiert. Klitz merkte außerdem an, dass in den letzten Jahren die Umgangsmög­lichkeiten gelockert worden seien und man inzwischen auch besser mit der Bevölkerun­g in Kontakt treten könne.

In der Diskussion wurden vor allem die Sorgen des Publikums deutlich, wie man Nordkorea davon abhalten könne, eine Atombombe zu bauen oder einzusetze­n. Klitz äußerte Zweifel, dass Nordkorea darauf verzichte, schon um die Unabhängig­keit des Systems zu demonstrie­ren. Es sei jedoch wichtig, zu signalisie­ren, dass das System ernstgenom­men werde – nur so könne die tatsächlic­he Gefahr eingedämmt werden. Grundsätzl­ich seien in allen Verhandlun­gen und in der Beziehung mit Nordkorea Berechenba­rkeit und Zuverlässi­gkeit der Politik sowie ein fairer Interessen­ausgleich entscheide­nd.

Es sei zu wünschen, dass sich die USA, wenn sie sich auch nicht ganz aus dem Konflikt heraushalt­en werden, sich zumindest zurückhalt­en. Zudem äußerte Klitz auch die Hoffnung, dass Europa eine größere Rolle spielen könne. Gerade Deutschlan­d gelte als ehrlicher Makler, der vermitteln könnte.

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FOTO: RODONG SINMUN Der nordkorean­ische Machthaber Kim Jong Un sieht sein Land als Wahrer der konfuziani­schen Tradition. Die im Konfuziani­smus im Mittelpunk­t stehende Harmonie werde allerdings durch das System der Unterdrück­ung in Nordkorea pervertier­t, erläutert Referent...
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FOTO: RMS Referent Walter Klitz.

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