Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Erpresser mischt Gift in Babybrei
Täter fordert 11,75 Millionen Euro in 35 000 Scheinen und beginnt seinen Feldzug ausgerechnet in Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Ein Mann schlendert am 16. September 2017 durch einen Supermarkt in Friedrichshafen. Lederjacke und Mütze wirken ein wenig unangebracht, ansonsten fällt der Mann wenig auf. Wer hätte gedacht, dass er wohl in diesem Moment Gläschen mit vergiftetem Babybrei in einem Regal auslegt.
Nach Angaben der Polizei handelt es sich um fünf Gläschen mit Babynahrung, in die der Stoff Ethylenglykol gemischt wurde. Je nach Konzentration kann das Gift auch tödlich wirken. In einer Droh-Mail an verschiedene Lebensmittelkonzerne und Drogeriemärkte in Deutschland fordert der Erpresser im Anschluss an die Tat 11,75 Millionen Euro in 35000 Scheinen - und droht damit, weitere Produkte zu vergiften.
Angst vor neuem Gift
Es dauert zwei Wochen, bis die Polizei den Fall öffentlich macht. Warum ist zunächst ungewiss. Schließlich wird kurz nach dem Fund der Gläser in Friedrichshafen eine Sonderkommission mit rund 220 Beamten gebildet.Medien, auch die Schwäbische Zeitung zeigen kurz darauf die Aufnahmen vom Mann im Supermarkt. Bundesweit wird nach dem Täter gefahndet während in vielen Supermärkten die Babybrei-Regale leer bleiben - aus Angst vor neuem Gift und wohl auch, weil er in diesen Tagen praktisch unverkäuflich ist.
Am 29. September, fast zwei Wochen nachdem der Täter die Gläser mit dem Gift ausgelegt hatte, endet der Fall allerdings mit einem Paukenschlag. Beim Gassigehen nimmt die Polizei den "Babybrei-Erpresser" fest - er fragt nicht einmal, was ihm vorgeworfen wird. Vielleicht ahnte er auch, dass sich die Schlinge um ihn immer fester zuzieht.
Gescheiterte Existenz
Zum Verhängnis wurde ihm in jedem Fall, dass er beobachtet wurde, als er Turnschuhe und einen Laptop in einem Kleidercontainer entsorgen wollte. Der Babybrei-Erpresser, am Ende entpuppt er sich als gescheiterte Existenz aus Ofterdingen bei Tübingen.
Nur einen Tag nach der Festnahme des Täters war übrigens die Übergabe des Geldes geplant. Es sollte am 30. September um 22 Uhr in Sigmaringen übergeben werden.