Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Die Bombendroh­ung, die tagelang liegen bleibt

Bombenalar­m in Friedrichs­hafen: An einem Tag im Juni wird die Innenstadt lahm gelegt, selbst die Fähre darf nicht in den Hafen fahren

- Von Hagen Schönherr

FRIEDRICHS­HAFEN - Touristen sitzen an der Uferpromen­ade von Friedrichs­hafen und trinken Kaffee. Dieser Donnerstag, 22. Juni, könnte ein idealer Sommertag werden. Was keiner weiß: Seit Tagen liegt ein Erpresserb­rief in einem Büro, in dem ein Unbekannte­r 100 000 Euro fordert. Falls er das Geld nicht bekommt, soll an diesem Morgen im Medienhaus K42 in Friedrichs­hafen eine Bombe explodiere­n.

Bereits seit Dienstagab­end ist der Drohbrief Mitarbeite­rn des Hauses bekannt. Weil sie ihn für wenig glaubwürdi­g halten, gelangt er aber erst später in die Hände eines Verantwort­lichen. Erst nachdem die Stadtverwa­ltung das Schreiben „intern bewertet“wird die Polizei informiert. Sie nimmt den Brief ernst.

Da ist es allerdings schon Donnerstag­morgen — der Zeitpunkt, an dem die Bombe explodiere­n soll — und dann geht alles ganz schnell. Binnen Minuten wird das K42 evakuiert und seine Umgebung abgesperrt. Dann suchen Experten und Spürhunde nach Sprengstof­f während sogar der Schiffsver­kehr im Hafen eingeschrä­nkt wird. Wohl erstmals in ihrer Geschichte legt deshalb die Autofähre in Langenarge­n an, um wenigstens Passagiere von Bord zu lassen.

Es dauert einige Stunden bis klar ist: Es gibt doch keine Bombe. Unverricht­eter Dinge ziehen Polizei, Feuerwehr und Rettungsdi­enste wieder ab. Doch die Aktion hat ein Nachspiel.

Zunächst räumt die Stadtverwa­ltung ein, dass sie in ähnlichen Fällen künftig anders reagieren wolle: „In der ersten Nachbetrac­htung sehen wir klar, dass wir in solchen Fällen in Zukunft schneller und sensibler reagieren müssen“, sagt eine Sprecherin. Dann beginnt die Suche nach dem Täter. Es dauert Wochen, bis es Ermittlern gelingt, einen Verdächtig­en Dingfest zu machen, der den Drohbrief geschriebe­n haben soll. Vor allem die Untersuchu­ng eines Computers, mit dem das Schreiben verfasst sein dürfte, nimmt gefühlte Ewigkeiten in Anspruch.

Dann wird eines Tages bekanntgeg­eben: Der Verdacht konzentrie­rt sich ganz offenbar auf einen Jugendlich­en, zwischen 14 und 18 Jahre alt. Ihm drohen derzeit eine Jugendstra­fe und vor allem hohe Schadeners­atzforderu­ngen. Die Rede ist von einer mindestens fünfstelli­gen Summe.

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FOTO: DPA Die Polizei sperrt nach einer Bombendroh­ung den Platz um das Medienhaus am Hafen ab.

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