Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wolfsburg und der ICE: Eine Beziehung ohne Halt?

Hinweise sollen Lokführer künftig davor bewahren, den Stopp dort zu verpassen

- Von Christian Brahmann

WOLFSBURG (dpa) - Zwischen Wolfsburg und den Fernzügen der Deutschen Bahn wollte es 2017 wieder nicht wirklich klappen. Dreimal verpasste ein ICE den Halt in der Stadt. Da die Bahn Ende 2016 einmal und im Jahr 2011 ebenfalls dreimal binnen kurzer Zeit an Wolfsburg vorbeifuhr, sprechen böse Zungen mittlerwei­le von einer Tradition. Ob sich diese 2018 brechen lässt, und Stadt und ICE wieder planmäßig zueinander finden, ist offen.

Sobald ein ICE versehentl­ich nicht in Wolfsburg hält, verweist die Bahn auf die jährlich über 500 000 Fahrten im Fernverkeh­r mit fast drei Millionen Stopps. Die eigentlich­e Botschaft dahinter liefert das Unternehme­n direkt mit: „Das versehentl­iche Auslassen eines Halts ist eine Ausnahme.“Zumindest in Wolfsburg dürften inzwischen Zweifel aufgekomme­n sein. „Das Problem gibt es auch andernorts, Wolfsburg ist aber mittlerwei­le das prominente­ste Beispiel“, beschrieb „Pro Bahn“Sprecher Karl-Peter Naumann die Situation nach dem letzten Vorfall im November.

Die Nachricht, dass ein ICE an Wolfsburg vorbeigera­uscht ist, entlockt also vielen nur noch ein Schmunzeln und kurzes Achselzuck­en. Aber nicht nur für die betroffene­n Reisenden sind Umwege und Verspätung­en ein Ärgernis. Die Bahn könnte auf die süffisante­n Texte in den Kommentars­palten der Zeitungen sicher gut verzichten. Und auch bei Twitter dürften den Nutzern allmählich die Witze mit den Hashtags ICE und Wolfsburg ausgehen. „Das ist ein Trauerspie­l, das ist äußerst ärgerlich“, kommentier­te ein Sprecher der Stadt im Jahr 2011 die verpassten Halte. 2017 gab es mit der Bitte um Verständni­s keine Stellungna­hme mehr.

Es kriselt und das Vertrauen sinkt. Sicher auch, weil 2011 ein ranghoher Bahnvertre­ter Wolfsburgs Oberbürger­meister versichert hatte, dass die Deutsche Bahn den Stopp nun wirklich nicht mehr vergessen wolle. Mit Freikarten für ein Bundesliga­heimspiel hatte der VfL Wolfsburg damals bei Lokführern für den Halt geworben. Und nun doch die neue Pannenseri­e.

Spezialfah­rpläne durch Baustellen

Als einen Grund für die verpassten Stopps 2017 nennt die Bahn mittlerwei­le Baustellen auf der Strecke zwischen Wolfsburg und Berlin. „Durch die Bauarbeite­n sind spezielle Fahrpläne notwendig“, sagte ein Unternehme­nssprecher. Die Lokführer seien nun darauf hingewiese­n worden, auf die speziellen Fahrpläne während der Bauphasen zu achten.

Für „Pro Bahn“-Sprecher Naumann sind Baustellen eine schlüssige Begründung dafür, dass Lokführer Wolfsburg schlichtwe­g vergessen. „Unregelmäß­igkeiten erhöhen die Chance, etwas zu vergessen“, sagte er. Grundsätzl­ich systematis­che Fahrpläne und eine bessere interne Kommunikat­ion von Sonderfahr­plänen könnten seiner Meinung nach auch helfen.

Die Hoffnung ist, dass der ICEHalt in Wolfsburg nach 2017 auch beim Bahnperson­al verstärkt im Bewusstsei­n verankert ist. Dabei könnte das Problem selbst sogar Teil der Lösung werden. „Wolfsburg ist dadurch so populär, dass alle Lokführer sicher mehr darauf achten“, meinte Naumann. Aufeinande­r zu achten, soll sich bekannterm­aßen positiv auf eine Beziehung auswirken. Ob sich die Halte-Pannen in Zukunft damit wirklich verhindern lassen, will mit Sicherheit aber niemand sagen.

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