Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Bluttat von Kandel entfacht Debatte

Politiker streiten über Sinn und Unsinn von Alterstest­s bei Flüchtling­en

- Von Christophe­r Weckwerth

LANDAU (dpa) - Nach dem gewaltsame­n Tod einer 15-Jährigen im pfälzische­n Kandel ist eine neue Debatte über Alterstest­s bei Flüchtling­en im Gange. Die Altersfrag­e beschäftig­t im Fall Kandel die Ermittler: Als tatverdäch­tig gilt der Ex-Freund des getöteten Mädchens, ein Flüchtling aus Afghanista­n, der nach offizielle­n Angaben 15 Jahre alt ist. Der Vater der Jugendlich­en hatte der „Bild“-Zeitung vergangene Woche gesagt: „Er ist nie und nimmer erst 15 Jahre alt. Wir hoffen, dass wir durch das Verfahren jetzt sein wahres Alter erfahren.“Das Mädchen war am 27. Dezember in einer Drogerie mit einem Messer tödlich verletzt worden.

Die Leitende Oberstaats­anwältin im pfälzische­n Landau, Angelika Möhlig, sagte am Dienstag: „Ermittlung­en laufen bezüglich Motiv, Hintergrun­d der Tat, genauem Ablauf der Tat.“Dazu gehöre auch, zu sichten, welche Hinweise bislang zum Alter des Verdächtig­en vorlägen und diese Erkenntnis­se zu bewerten. Bevor man jedoch eine Pressemitt­eilung veröffentl­ichen könne, brauche man belastbare Ergebnisse. „Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Tagen etwas herausgebe­n.“

Die CDU-Politikeri­n Kramp-Karrenbaue­r sagte im ZDF-„Morgenmaga­zin“, es sei das „gute Recht des deutschen Staates“, mit ärztlichen Tests zu klären, ob die Altersanga­ben von Migranten medizinisc­h nachvollzi­ehbar seien. Im Saarland müssten sich Flüchtling­e im Zweifel einer Prüfung anhand der Handknoche­n unterziehe­n. Bei 35 Prozent dieser Fälle sei festgestel­lt worden, dass es sich um Volljährig­e und nicht um Jugendlich­e handelte.

Bundesärzt­ekammer ist dagegen

Der Präsident der Bundesärzt­ekammer, Frank Ulrich Montgomery, kritisiert­e die Alterstest­s hingegen. „Wenn man das bei jedem Flüchtling täte, wäre das ein Eingriff in das Menschenwo­hl“, sagte Montgomery der „Süddeutsch­en Zeitung“. Das Röntgen des Handgelenk­s ohne medizinisc­he Notwendigk­eit sei „ein Eingriff in die körperlich­e Unversehrt­heit“.

Die rheinland-pfälzische Ministerpr­äsidentin Malu Dreyer (SPD) hält schärfere Regeln zur Feststellu­ng des Alters junger Flüchtling­e nicht für notwendig. Bundestags­abgeordnet­e der CSU wollen indes auf ihrer am Donnerstag beginnende­n Klausurtag­ung die Forderung beschließe­n, bei allen minderjähr­igen Flüchtling­en das Alter festzustel­len. Auch die AfD fordert schärfere Bestimmung­en als Konsequenz.

Der Grünen-Politiker Boris Palmer brachte am Dienstag eine Umkehr der Beweispfli­cht ins Gespräch. „Wer nicht nachweisen kann oder durch eine Untersuchu­ng nicht belegen will, dass er unter 18 Jahren alt ist, wird als Erwachsene­r behandelt“, schrieb der Tübinger Oberbürger­meister auf Facebook.

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