Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Versöhnliche Töne in Berlin
Optimismus bei Schulz und Seehofer vor der Sondierung
BERLIN (dpa) - Nach dem ersten Spitzentreffen von Union und SPD in Sachen Regierungsbildung im neuen Jahr haben die Parteichefs versöhnliche Töne angeschlagen. „Wir starten optimistisch in die Verhandlungen“, hieß es in einer im Anschluss an das Treffen am Mittwoch in Berlin verbreiteten, gemeinsamen Erklärung. Ab Sonntag sollen demnach „straffe und zielführende Sondierungsgespräche geführt werden“. SPD-Chef Martin Schulz sagte, man habe „sehr konzentriert und zielgerichtet“gearbeitet und eine gute Arbeitsgrundlage geschaffen.
Bereits vor dem Treffen hatte CSU-Chef Horst Seehofer den Forderungskatalog seiner Partei relativiert. Zu den erheblichen Differenzen in Sachen Gesundheits- und Asylpolitik sagte er, es sei normal, dass man verschiedene Positionen in den Gesprächen nebeneinanderlege und dann abgleiche, wo Kompromisse möglich seien.
BERLIN - Am Abend kam die knappe positive Botschaft: „Das Vertrauen ist gewachsen, wir starten optimistisch in die Verhandlungen“, hieß es am Mittwochabend in einer gemeinsamen Erklärung von Union und SPD nach dem Treffen der Parteiund Fraktionschefs in Berlin. Start frei für „straffe und zielführende Sondierungsgespräche“über eine Neuauflage der Großen Koalition.
Es gebe jetzt eine gute Arbeitsgrundlage, „auf der wir am Sonntag die Sondierungen beginnen können“, zeigt sich SPD-Chef Martin Schulz nach dem dreistündigen Treffen zufrieden. Zwölf Uhr mittags geht es am Sonntag im Willy-BrandtHaus, der SPD-Parteizentrale, los. Bis zum 11. Januar soll dann fünf Tage lang verhandelt werden, ob es für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen reicht. „Wir werden alles tun in diesen Gesprächen, dass es zu vernünftigen Vereinbarungen kommt“, erklärte CSU-Chef Horst Seehofer. „Die CSU will, dass eine Regierung zustande kommt mit der SPD“, versichert er.
Anders als bei den wochenlangen Jamaika-Runden soll es diesmal schnell gehen. Fünf Tage konzentriertes Ringen darum, ob Union und SPD in Koalitionsverhandlungen einsteigen. Keine Twitter-Nachrichten aus internen Sitzungen, keine Balkonbilder mehr.
„Ein gutes neues Jahr und eine stabile Regierung“, wünscht Unionsfraktionschef Volker Kauder sich und den wartenden Journalisten. Stundenlang berieten die Spitzen von Union und SPD am Mittwoch über Fahrplan und Regie der am Sonntag beginnenden Sondierungsgespräche. Am Morgen hatten die Spitzen von Schwarz und Rot jeweils getrennt getagt. Mit dabei waren auch der geschäftsführende Finanzminister und Kanzleramtsminister Peter Altmaier und Gesundheitsminister Hermann Gröhe (beide CDU) sowie Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) und Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). So dürfte es auch um Pflege und Gesundheit und den Finanzrahmen für mögliche Entlastungen und Investitionen gegangen sein. Die SPD pocht weiter auf die Einführung einer Bürgerversicherung, die Union lehnt dies strikt ab. Auch die umstrittene Zulassung des Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat stand überraschend auf der Tagesordnung. Ein weiterer von mehreren Knackpunkten, zu denen auch der Familiennachzug für Flüchtlinge gehört.
Die Zeit drängt. Spätestens in der übernächsten Woche müsste im Bundestag ein Gesetzentwurf zur Verlängerung des Familiennachzuges für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus eingebracht werden. Ziel von CDU und CSU ist es, noch in der Woche vor dem SPDSonderparteitag am 21. Januar, der über die Aufnahme von offiziellen Koalitionsverhandlungen entscheiden soll, die Beschränkung des Familiennachzuges gemeinsam mit den Stimmen der SPD im Bundestag weiter zu verlängern. Andernfalls würde im März die Frist ablaufen, und auch Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutz könnten ihre engsten Angehörigen nach Deutschland holen. „Wenn das Gesetz bis zum 16. März in Kraft sein soll, müssen wir diesen Punkt in den Sondierungsverhandlungen mit der SPD klären, denn ein entsprechendes Gesetzgebungsverfahren braucht eine gewisse Zeit“, forderte Unionsfraktionsvize Stephan Harbarth am Mittwoch im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Die SPD hatte sich auf ihrem Sonderparteitag im Dezember für den Familiennachzug ausgesprochen, um die Integration zu erleichtern.