Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wenn „Gloria in Excelsis Deo“zum Hit wird
Mit den Sternsingern unterwegs von Tür zu Tür in Friedrichshafen
FRIEDRICHSHAFEN - Milena ist konzentriert. Sie versucht die Blicke von Madita, Lilly und Dilay auf sich zu ziehen. „Gloria“, sagt sie bestimmt, aber leise. Die anderen nicken und stimmen das Kirchenlied „Gloria in Excelsis Deo“an – dieser Moment wiederholt sich an dem Nachmittag immer und immer wieder. „Das Lied ist einfach unser Lieblingslied“, sagt Milena, als sie die Treppe von einem Mehrfamilienhaus hinuntersteigt.
Die vier Mädchen sind als Sternsinger in der Gemeinde unterwegs. Dabei werden sie von Kriemhild Herrmann begleitet. Insgesamt 50 Jungen und Mädchen ziehen in dieser Woche an jedem Nachmittag von der katholischen Kirche St. Petrus Canisius los und gehen in der Innenstadt von Haustür zu Haustür, um Geld für Kinder in Indien zu sammeln. Am Samstagnachmittag wird in einem Gottesdienst verkündet, wieviel Geld dabei zusammengekommen ist.
Am 2. Januar waren die Mädchen zum ersten Mal unterwegs. „Es war gut“, sagt Lilly. Alle seien nett gewesen – bis auf einen. „Ein Mann hat zu uns gesagt, dass er uns nicht aufmachen kann, weil er seine Zähne putzen muss“, sagt Madita, die das wohl nicht so recht geglaubt hat. Auch am Mittwochnachmittag stehen die Mädchen vor einigen verschlossenen Türen. Doch die meisten freuen sich, die Sternsinger zu sehen und ihren Segen entgegenzunehmen.
Kreide, die gesegnet ist
So auch Familie Szarowski, bei der die Kinder hineingebeten werden. Nachdem die Mädchen ihren Segen aufgesagt und ihr Lieblingslied gesungen haben, kümmert sich Kriemhild Herrmann darum, wo C+M+B sowie die aktuelle Jahreszahl stehen soll. Die Hausherrin entscheidet sich für die Wohnzimmertür und für die klassische Art mit Kreide – seit einigen Jahren verteilen die Weisen aus dem Morgenland auch Klebebändchen mit der Aufschrift. Hausherr Siegmund Szarowski greift zum Schrank und holt Kreide hervor und wird zugleich von seiner Frau zurechtgewiesen. „Wir müssen doch die gesegnete Kreide von der Kirche nehmen“, sagt seine Frau. Siegmund Szarowski zieht die Schultern zu den Ohren und lacht.
Die Mädchen ziehen weiter. Schließlich haben sie noch einige Haustüren vor sich und ein Ziel: Geld sammeln. Für wen die Spenden sein sollen, wissen die Mädchen genau. „Das Geld ist für arme Kinder in Indien, die ganz früh am Morgen aufstehen müssen, um zu arbeiten“, sagt die sechsjährige Madita und reißt die Augen ein stückweit auf. „Es ist wichtig, dass wir das Geld sammeln“, sagt Dilay.
Sammeln für arme Kinder
Doch auch, wenn es den Mädchen wichtig ist, Spenden für Gleichaltrige zu sammeln, freuen sie sich über Bonbons und Schokolade, die es an der einen oder anderen Haustür für sie gibt. Zurück auf der Straße werden die Bonbons gleich gekostet und die kleinen Täfelchen Schokolade schon mal grob aufgeteilt. Madita verzieht das Gesicht. „Das Bonbon ist sauer, ich will es ausspucken“, sagt sie. Sie kommt ihrem Wunsch nach, schließlich klingeln die anderen schon an der nächsten Haustür.
Für Lilly gibt es eine einfache Erklärung, wieso sich die Mädchen an jeder Haustür für das Lied „Gloria in Excelsis Deo“entscheiden. „Es ist so einfach“, sagt sie und lächelt. Und eben so muss ein Hit sein: eingängig.