Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Märchenbilder werden wach
Russisches Klassisches Staatsballett tanzt „Nussknacker“im GZH
FRIEDRICHSHAFEN (chv) - Das Märchenballett vom Nussknacker, der sich in Maries Traum in einen schönen Prinzen verwandelt, ist das Weihnachtsballett par excellence. Auch in diesem Jahr hat das „Russische Klassische Staatsballett“zum Jahresbeginn mit Tschaikowskys berühmtem klassischen Ballett im Graf-Zeppelin-Haus gastiert und die kleinen und großen Zuschauer in seine Märchenwelt entführt.
Veranstalter der Tournee ist die Deutsch-Russische Kulturförderungs-GmbH Michael Friedmann, die laut eigener Aussage „dem deutschen Publikum die traditionsreiche russische Kultur näherbringen“will – ein Anliegen, das auch das diesjährige Bodenseefestival mit dem Thema Russland verfolgen wird. Es gibt opulentere Aufführungen, mit deutlich höherem Budget, doch die jungen Tänzer, die teilweise noch an der Russischen Akademie für Theaterkunst in Moskau studieren, bringen ein gutes tänzerisches Potential mit und erfreuen mit jugendlichem Elan, während das Corps de ballet die Präzision vermissen lässt. Bescheiden ist die Musik, die aus dem Lautsprecher kommt, auch der Prolog mit den zum Weihnachtsfest strömenden Gästen fällt weg, doch drinnen vor dem großen Weihnachtsbaum auf dem herabhängenden Bühnenprospekt entfaltet sich ein munteres Treiben. Leichtfüßig tanzt die kleine Marie mit ihrem Bruder vor dem Baum, artig begrüßen ihre Eltern als Gastgeber ihre Gäste, die Mädchen tanzen Ringelreihen, die Buben stürmen mit Spielzeugschwertern durch den Raum, die Damen lassen im Cotillon die Röcke fliegen. Geschmeidig wie eine Gazelle stellt sich Onkel Drosselmeier vor, der die Fäden zieht. Man bestaunt seine Mitbringsel, Harlekin und Colombine, Teufel und Teufelin – mechanische Puppen wie den Nussknacker, den der wilde Franz zerbricht. Maries Traum beginnt.
Vom Nussknacker zum Prinzen
Hinter dem hochgezogenen Weihnachtsbaum taucht ein weißer Märchenbaum mit glitzernden Sternen auf, anmutige „Schneeflocken“erinnern an die verzauberten Schwäne im Schwanensee, der Nussknacker ist zum eleganten Prinzen geworden – Roman Starikov erweist sich als eleganter Porteur und Springer. Marie ist zur grazilen Prinzessin (Kristina Michailova) geworden. Anmutig bewegt sie sich in den Pas de deux mit dem Prinzen, während ihre Soli noch reifen dürfen. Schade ist, dass die Divertissements jeweils auf leerer Bühne stattfinden, nur selten sehen andere Paare zu.
Putzig ist das Chinesenpärchen und das russische Paar ist so temperamentvoll, dass es Sonderapplaus bekommt, zierlich ist auch die Pastorale. Zum Blumenwalzer finden sich diese Solisten und das ganze Corps de ballet ein, mehr als 20 Tänzer bewegen sich anmutig in der traditionellen Choreografie von Konstantin Iwanow. Die Traumbilder zerrinnen und die Puppen kauern wieder steif am Rand. Wenig logisch ist das Happy End: Onkel Drosselmeier führt der erwachten Marie den lebendigen Prinzen zu.