Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Annäherung auf Koreanisch
Süd- und Nordkorea einigen sich auf Militärgespräche und Zusammenarbeit bei Olympia
Getroffen haben sich die Verhandlungsführer Cho Myoung-gyon aus Südkorea und Ri Son-gwon aus dem Norden (rechts/Foto: AFP) in der demilitarisierten Zone, im Grenzkontrollpunkt Panmunjom. Tatsächlich gab es wichtige Ergebnisse beim ersten offiziellen Treffen der Nachbarstaaten seit mehr als zwei Jahren: Nordkorea kündigte seine Teilnahme an den Olympischen Winterspielen im südkoreanischen Pyeongchang im Februar an. Außerdem wurden am Dienstag die Aufnahme von Militärgesprächen vereinbart, um die „aktuellen militärischen Spannungen zu entschärfen“.
TOKIO - Ein Handschlag zu Beginn und vage Absichtserklärungen: Südund Nordkorea vereinbarten am Dienstag im Freedom House (Freiheitshaus) in Panmunjom an der gemeinsamen Sicherheitszone, nach zwei Jahren Gesprächspause wieder miteinander zu reden. Südkorea schlug direkte Kontakte zwischen den Armeen vor, um die Spannungen zu verringern. Auch soll es im Februar nach langer Unterbrechung wieder zu Familientreffen zwischen Nord und Süd kommen – während des Koreakrieges waren Familien getrennt worden. Etwa 60 000 Menschen auf beiden Seiten der geteilten Halbinsel warten auf ein Wiedersehen mit ihren Verwandten.
Pjöngjang sagte auch zu, eine Delegation aus staatlichen Offiziellen und Sportlern zu den Olympischen Winterspielen nach Pyeongchang zu entsenden. Außerdem regte Seoul an, dass die Sportler und Offiziellen beider Länder bei der olympischen Eröffnung gemeinsam einmarschieren. Nordkorea bot an, eine FanGruppe, Künstler und ein Taekwondo-Showteam zu schicken. Aber dieses Angebot ist ein wenig vergiftet, weil dafür in Abstimmung mit dem UN-Sicherheitsrat die Sanktionen gegen Pjöngjang zeitweise ausgesetzt werden müssten, sagte ein Sprecher des Außenamtes in Seoul.
Ein Signal an die USA
Hält Nordkorea Wort, sind damit wenigstens zwei Wochen olympischer Frieden gesichert. Es ist nun kaum vorstellbar, dass Diktator Kim Jongun während der Spiele vom 9. bis 25. Februar den Befehl für einen Atomtest oder Raketenstart erteilt. Wegen des Atomkonfliktes mit dem Machthaber in Pjöngjang erhält jeder Schritt internationale Bedeutung. Es ist zu befürchten, dass Machthaber Kim Jong-un sich selbst diese kleine olympische Geste mit Geld und politischen Zugeständnissen honorieren lässt. Entscheidend ist nun, ob das Tauwetter die Spiele überdauert. Der Atomkonflikt wurde am Dienstag nicht einmal erörtert. Südkorea hat das Problem zwar angesprochen, aber die Nordkoreaner quittierten dies mit eisigem Schweigen.
Dennoch registrieren Diplomaten in Seoul und Tokio mit großer Aufmerksamkeit „atmosphärische“Entspannungssignale. So soll der junge Führer Nordkoreas seine Emissäre unterwiesen haben, mit dem Süden „ernsthafte und ehrliche“Verhandlungen zu führen, die zu einem „ersten Schritt für bessere Beziehungen“führen sollen. Stimmen diese Aussagen der Delegation aus Pjöngjang, hätte sich Diktator Kim erstmalig persönlich mit einem konkreten Auftrag eingeschaltet. Ein Scheitern der Gespräche ginge damit auch auf seine Kappe. In jedem Fall demonstriert er der internationalen Öffentlichkeit, dass Nordkorea sich de facto als ernst zu nehmende Atommacht begreift. Es ist vor allem ein Signal an die Vereinigten Staaten und Präsident Donald Trump. Kim Jong-un bezweckt mit seiner neuen Gesprächsbereitschaft eben auch deutlich zu machen, dass er sein Regime fest im Griff hat. Nebenbei versucht er vermutlich, einen Keil zwischen die militärisch Verbündeten Südkorea und die USA zu treiben. Der linksliberale Staatspräsident Moon Jae-in in Seoul könnte in Kims Kalkül die Rolle des Sanktionsbrechers spielen. Auch wenn Nordkorea tatsächlich seine Waffentechnologie weit vorangetrieben haben sollte – die ökonomischen Potenziale dieses bitterarmen und international weitgehend isolierten Landes sind begrenzt und bis zum Anschlag ausgereizt. Das Regime braucht zumindest eine Atempause, die es ihm erlaubt, das politische Gesicht zu wahren.
Ein vorübergehender „Verzicht“auf weitere Atom- und Raketentests könnte den Weg für dringend benötigte Wirtschafts- und Nahrungsmittelhilfe aus dem Süden öffnen. Experten sind sich einig, dass es sich Kim Jong-un auf Dauer gar nicht leisten kann, den südkoreanischen Nachbarn immer mehr gegen sich aufzubringen. Das aktuelle Verhältnis zwischen beiden koreanischen Staaten ist alles andere als normal.
Auch 65 Jahre nach dem Waffenstillstand von Panmunjom befinden sich Nord- und Südkorea formell weiter im Kriegszustand, ein Friedensvertrag wurde nie geschlossen. Der Koreakrieg von 1950 bis 1953 zerriss Hunderttausende Familien. Private Kontakte sind auch heute schier unmöglich. Es gab zwar zwischenzeitlich Entspannungsphasen, aber sowohl der Tourismus als auch der gemeinsame Industriepark Kaesong liegen brach.