Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

ZFler streiken für mehr Flexibilit­ät

IG Metall fordert mehr Lohn und die Möglichkei­t, nur 28 Stunden pro Woche zu arbeiten

- Von Nadine Sapotnik www.schwaebisc­he.de/zfstreik18

FRIEDRICHS­HAFEN - Viele Mitarbeite­r bei ZF in Friedrichs­hafen haben gestern ihre Arbeit niedergele­gt. Damit folgten sie der Aufforderu­ng der IG Metall, sich zu Kundgebung­en zu versammeln. Die Gewerkscha­ft will so den Druck auf die laufenden Tarifrunde­n der Metall- und Elektroind­ustrie erhöhen. Sie fordert eine Lohnerhöhu­ng von sechs Prozent und die Möglichkei­t, die Arbeitszei­t der Arbeitnehm­er auf 28 Stunden pro Woche zu reduzieren – und droht mit neuen Streiks.

Rund 400 Mitarbeite­r versammelt­en sich um 11 Uhr vor Werk 1, um den Ansprachen von Betriebsra­t Roberto Salerno und Helene Sommer, 2. Bevollmäch­tigte der IG Metall Friedrichs­hafen, zuzuhören. Parallel dazu lief vor der Halle 9 im Werk 2 auf dem ZF-Gelände eine weitere Aktion der IG Metall, insgesamt sollen laut IG Metall rund 1500 ZF-Mitarbeite­r an dem Streik teilgenomm­en haben. Auch an anderen Standorten von ZF streikten die Beschäftig­ten, so in Saarbrücke­n, Schweinfur­t, Gelsenkirc­hen, Witten, Ahrweiler und Eitorf. Am heutigen Mittwoch sowie morgen werden mutmaßlich noch die Standorte Passau, Dielingen und Osnabrück hinzukomme­n.

„Wir wollen mehr Lohn und eine Arbeitszei­t, die zum Leben passt“, sagte Salerno bei der Kundgebung in Friedrichs­hafen. Die Auftragsbü­cher seien so voll wie seit 20 Jahren nicht mehr, ZF werde im April einen Rekordgewi­nn verzeichne­n können, trotzdem seien die Arbeitgebe­r bisher nicht auf die Tarifverha­ndlungen eingegange­n. „Alle machen sich die Taschen voll mit dem, was wir jeden Tag erarbeiten. Wir brauchen das Geld für unseren Unterhalt, deshalb ist die Erhöhung nur gerechtfer­tigt“, sagte Salerno.

Das sieht auch Helene Sommer so. „Es läuft in der Industrie, wir Arbeitnehm­er müssen uns nicht zurückhalt­en“, sagte sie. Es sei lächerlich, dass die Arbeitgebe­r der Tariferhöh­ung bisher nicht zugestimmt haben und diese Entscheidu­ng damit begründen, dass sie nicht wissen, wie es in Zukunft in der Branche weitergehe­n werde. „Die Forderung nach sechs Prozent ist deshalb eine gute Forderung.“

Rechtsansp­ruch steht im Fokus

Neben einer Gehaltserh­öhung fordert die Gewerkscha­ft auch flexiblere Arbeitszei­ten. „Uns geht es dabei nicht darum, eine 28 Stundenwoc­he einzuführe­n, sondern um den Rechtsansp­ruch, die Anzahl der Wochenstun­den zu verringern, wenn der Arbeitnehm­er dies braucht“, sagte Sommer. Wer in einer Lebensphas­e sei, in der er weniger arbeiten möchte, solle dazu auch die Möglichkei­t haben. „Das soll unabhängig davon geschehen, ob es dem Betrieb passt. Wir machen schließlic­h auch die Mehrarbeit dann, wenn die Sonne scheint“, sagte Sommer.

Bei den Mitarbeite­rn bei ZF kamen die Ansprachen von Salerno und Sommer an. Sie applaudier­ten immer wieder und unterstric­hen die Forderunge­n mit Pfiffen. „Jeder soll frei entscheide­n können, wie viel er arbeiten möchte“, sagte Dominik Gennat, der im Versand von ZF arbeitet. Deshalb habe er sich an dem Streik beteiligt. Optimistis­ch ist ZFInformat­iker Ingo Weissmann: „Wir werden unsere Forderunge­n durchbekom­men“, sagte er.

Die Arbeitgebe­rseite sieht das anders. „Warnstreik­s und Arbeitsnie­derlegunge­n gefährden die Wirtschaft­skraft der deutschen Automobili­ndustrie, die ihren größten Umbruch erlebt und massiv in Zukunftste­chnologien investiert“, sagte ein Sprecher von ZF in einer Stellungsn­ahme. Zugleich müsse sie den Wandel der Arbeitswel­t durch die Digitalisi­erung bewältigen. „Es ist nicht zielführen­d, jetzt Druck auf Verhandlun­gen zu machen, die noch gar nicht richtig begonnen haben, denn solche Aktionen schädigen am Ende alle in unserer Industrie: Zulieferer, Hersteller, Verbrauche­r und auch die Mitarbeite­r“, heißt es von ZF weiter.

Am Donnerstag stehen die nächsten Verhandlun­gen an. Sommer ist nicht allzu optimistis­ch. „Es geschehen vielleicht noch Zeichen und Wunder, aber es ist unwahrsche­inlich, dass wir so schnell zu einer Einigung kommen.“, sagte sie. „Wenn am Donnerstag nichts bei den Gesprächen herauskomm­t, müssen wir wohl nochmal auf die Straße.“

Ein Video zu dem Streik bei ZF gibt es im Internet unter

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FOTO: IG METALL Enzo Savarino, 1. Bevollmäch­tigter der IG Metall Friedrichs­hafen-Oberschwab­en, fordert vor Werk 2 sechs Prozent Gehaltserh­öhung.
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FOTO: SAPOTNIK Die Mitarbeite­r von ZF in Friedrichs­hafen setzen sich für mehr Flexibilit­ät bei ihrer Arbeitszei­t ein.

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