Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Beziehungen, Bäume und Bärte
Marion Poschmann liest aus ihrem Roman „Die Kieferninseln“
FRIEDRICHSHAFEN - Marion Poschmann, Lyrikerin und Prosaschriftstellerin, hat im Kiesel des k42 in Friedrichshafen aus ihrem jüngsten Werk „Die Kieferninseln“gelesen. Es ist ein Roman über Beziehungen, Bäume und Bärte, gespickt mit feinem Humor und todernsten Themen. Die bekannte deutsche Schriftstellerin hat bereits viele literarische Preise gewonnen und war, und ist für weitere nominiert.
Eigentlich ist es Marion Poschmann gewohnt im Rampenlicht zu stehen. Dennoch wirkt die renommierte Autorin fast schüchtern im Kiesel, wenn sie liest. Poschmann antwortet auch auf Fragen der Zuschauer mit Bedacht. Eingebettet zwischen vielen „ähms“, sucht die Schriftstellerin nach den richtigen Worten, um ihre Intention diese Geschichte zu schreiben, zu erläutern. Die 49jährige Berlinerin habe selber drei Monate in Japan gelebt und war fasziniert von diesem Land, von den freundlichen, zurückhaltenden Japanern, aber insbesondere von der asiatischen Gartenästhetik. So ist es nicht verwunderlich, dass sie ihrem Protagonisten Gilbert Silvester das Buch des japanischen Dichters Bashos „Auf schmalen Pfaden ins Hinterland“mit in sein Handgepäck gibt. Matsuo Basho gilt in seiner Heimat als ein bedeutender Vertreter der Haiku-Dichtform. Seinen Reiseführer hat er vor über dreihundert Jahren geschrieben und Marion Poschmann schickt ihre Hauptfigur auf dessen Pfade.
Bartforscher und Kaffeetrinker
Gilbert Silvester, ein Geisteswissenschaftler, der seinen Lebensunterhalt als Privatdozent verdient, derzeitig mit der Bartforschung in der Filmindustrie, „gesponsert von der nordrhein-westfälischen Filmindustrie sowie zu kleineren Teilen von einer feministischen Organisation in Düsseldorf und der jüdischen Gemeinde der Stadt Köln“, verlässt seine Frau. Im Traum hat sie ihn betrogen und auch wenn es kein weiteres Indiz für ihre Untreue gibt, steigert sich Gilbert Silvester in die Gewissheit hinein, dass es so ist. Kurzerhand bucht er den ersten Kontinentalflug, der ihm unter die Finger kommt. Die Reise führt den Bartforscher und passionierten Kaffeetrinker in das doch eher bartlose und Tee trinkende Japan. In Tokio begegnet er dem von Prüfungsängsten geplagten Studenten Yosi Tamagotchi, der sich ebenfalls von einem Buch leiten lässt: „The Casual Manual of Suicide“(Das Handbuch des Selbstmordes). Die Begegnung der beiden bewirkt, dass sie auf eine gemeinsame Reise antreten. Yosi auf der Suche nach einem ehrbaren Ort, der seinem Lebensende die nötige Würde verleiht und Gilbert, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Bashos Pfaden zu folgen.
Die Pilgerreise zweier Personen mit ihren unterschiedlichen Intentionen birgt eine gewisse Skurrilität. Trotz des ernsten Themas des Selbstmordes, „mit dem in Japan natürlicher umgegangen wird, als im europäischen Raum“, sagt Poschmann, ist die Geschichte gespickt mit feinen Humor. Die Autorin bricht mit den allgemein geläufigeren Bildern eines Japans der Kirschblüte oder Kimono tragender Frauen. Es sind die Bäume des Landes, die Wälder und hier insbesondere die Kiefer, die als Nadelholz symbolisch für die lyrischen Spitzen stehen könnte, die Poschmann in ihrem Roman eingebettet hat. Sie beschreibt feinfühlig und detailliert Szenerien und Landschaften und fällt in eher bekanntere Formulierungen, wenn es aus Sicht ihres Protagonisten geschildert wird. Eine sprachliche Ambivalenz, die sie damit begründet, „dass es ein Roman in personaler Sichtweise“sei. Kein Wunder, dass sie mit „Die Kieferninseln“für den deutschen Buchpreis nominiert war.