Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Stuttgart setzt auf Psychologen, Petersen aufs Museum
Abstiegskampf hält Bundesliga in Atem – Für Köln besteht kaum Hoffnung, für die anderen Vereine heißt es wohl zittern bis zum Schluss
STUTTGART (dpa/SID/falx) - Was der Fußball-Bundesliga im Titelrennen fehlt, gibt es im Abstiegskampf reichlich: Spannung. Denn vor dem Start der Rückrunde am Freitag mit dem Spiel des FC Bayern München in Leverkusen (20.30/ZDF und Eurosport Player) ist im Grunde bereits klar, wer Meister wird. Der geneigte Fan muss sich seine Unterhaltung daher in anderen Bereichen der Tabelle suchen. Doch dafür gibt es Anlässe genug. So ist die halbe Liga am Kampf gegen den Abstieg beteiligt. Und die Vereine sind sich sicher: Die Entscheidung über die Abstieg fällt erst zum Saisonende. Eine Übersicht über die Zone der Angst:
1. FC Köln (Platz 18, 6 Punkte):
Nahezu abgeschrieben ist der 1. FC Köln. Doch aufgegeben hat sich die Mannschaft von Trainer Stefan Ruthenbeck keineswegs. Bis zum Relegationsplatz klafft ein Loch von neun Punkten. Was viel klingt, ist durch die Drei-Punkte-Regel aber durchaus noch aufholbar. Anthony Modeste, der vergangene Spielzeit 25 Tore für den FC erzielte, setzt auf sportliche Besserung in der zweiten Halbserie – vor allem, was die erzielten Tore angeht: „Das ist auch einer der Gründe, weshalb die Mannschaft unten steht. Aber das kommt bestimmt jetzt nach der Winterpause“, sagte der 29-Jährige. Dafür sorgen soll nicht zuletzt ein Stürmer, der lange beim VfB glänzte – Simon Terodde.
Hamburger SV (Platz Punkte): 17, 15
Geht es um Abstiegskampf, hält es der HSV schon im fünften Jahr mit dem Kölner Karnevals-Motto: Da simmer dabei! Das Minimalziel 18 Zähler wurde verfehlt. Aber: 2017 waren es nur 13 Punkte zur Halbzeit. Am Ende wurde es Platz 14 mit 38 Punkten. Zweimal – in den Relegationsjahren 2014 und 2015 – konnte Hamburg dem Absturz in die Zweitklassigkeit gerade noch entkommen. Noch lebt der Rautenclub von der Mär, unabsteigbar zu sein. Die Situation, so Jens Todt, „ist brandgefährlich“. Aber: „Wir fühlen uns gerüstet.“
SV Werder Bremen (Platz 16, 15 Punkte):
Die Bremer sind mit NeuTrainer Florian Kohfeldt im Aufwind. Dennoch gibt es laut dem Coach keinen Grund, um sich zurückzulehnen. „Ich will nicht den Eindruck von Zufriedenheit aufkommen lassen“, sagte Kohfeldt. „Selbst wenn das scheinbar optimal gelaufen ist, gibt es noch sehr viel zu besprechen und zu verbessern. Da werde ich mit meinem Trainerteam dranbleiben, das spürt die Mannschaft.“
1. FSV Mainz 05 (Platz 15, 17 Punkte):
„Die Bundesliga ist eine extrem ausgeglichene Liga. An guten Tagen kann so gut wie jeder jeden schlagen. Von Platz zwölf an ist aktuell alles offen und wird meines Erachtens auch bis zum Schluss spannend bleiben“, sagt Mainz-Sportvorstand Rouven Schröder. Für Wettanbieter ist die Sache aber klar: Köln geht runter, der HSV geht mit. Auf dem Relegationsplatz landet Mainz.
VfB Stuttgart (Platz 14, 17 Punkte):
Auch wenn Trainer Hannes Wolf nach den Offensivabgängen – die zwar durch Mario Gomez kompensiert werden sollen – gerne eine weitere Verstärkung hätte, die ihm wohl nicht erfüllt wird: die Verantwortlichen sind positiv gestimmt. „Wir sind fest davon überzeugt, dass Qualität und Mentalität unserer Mannschaft dafür sorgen werden, dass wir unser Ziel Klassenerhalt erreichen“, so Stuttgarts Sportvorstand Michael Reschke. Dabei kommt es wohl vor allem auch auf einen guten Start in die Rückrunde an. Denn der Saisonabschluss hat es für den VfB in sich. An den drei letzten Spieltagen warten Bayer Leverkusen, die TSG Hoffenheim und als Abschluss auswärts der FC Bayern München. Dass Trainer Wolf da jede Möglichkeit der Optimierung ergreift, ist nur allzu verständlich. So lässt der Coach sogar seine Kabinenansprachen vom hauseigenen Psychologen Philipp Laux analysieren. „Nach jedem Spiel lasse ich mir von Philipp schreiben, wie er die Dinge, wie zum Beispiel die Ansprache, empfunden hat, wie sie auf die Spieler gewirkt habe. Philipp ist immer in der Kabine dabei. Ich finde es wichtig, dass man seinen eigenen Eindruck mit dem eines Anderen abgleicht“, so Wolf zur „Bild“.
SC Freiburg (Platz 13, 19 Punkte):
Dass der Aufschwung der letzten Spiele weitergeht, dafür soll Lucas Höler sorgen. Der SC Freiburg sicherte sich die Dienste des Stürmers vom SV Sandhausen für schlanke 1,1 Millionen Euro. Und noch einen weiteren Trumpf haben die Breisgauer in der Hinterhand: die Bildung von Torjäger Nils Petersen. Nachdem er jüngst die Fußballbranche als „oberflächlich“und die Spieler als „nicht so belesen“beschrieben hatte: „Salopp gesprochen, verblöde ich seit zehn Jahren“, bekam er umfangreich Nachhilfe: „Ich habe unheimlich viele Bücher zugeschickt bekommen, Mails, Einladungen, Gutscheine. Ein Museum in Mecklenburg-Vorpommern hat mir Eintrittskarten geschickt“, sagte Petersen dem „kicker“.
Wie dem auch sei: Unterhaltung scheint am Tabellenende also gewiss. Oder wie Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor Max Eberl meint: „Ich gehe davon aus, dass wir in dieser Saison einen sehr spannenden Abstiegskampf erleben werden, der erst am letzten Spieltag entschieden wird.“