Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Im Körper des anderen
Preisgekrönter Animationsfilm aus Japan über die Träume zweier Teenager
Die meisten Animationsfilme entführen ihr Publikum in fantastische Welten, die mit der konkreten Lebenswirklichkeit der Zuschauer oft nichts zu tun haben. Wie man das Kunststück vollbringt, hochfliegende Träume und eine oft unglamouröse Realität zu verknüpfen, das beweist auf eindrucksvolle Art und Weise der japanische Animationsfilm „Your Name“von Regisseur und Drehbuchautor Makoto Shinkai.
Multitalent Shinkai, der auch die Manga-Vorlage gezeichnet hat und zudem für Kamera und Schnitt verantwortlich ist, erzählt in „Your Name. Gestern, heute und für immer“die Geschichte des Mädchens Mitsuha, das zusammen mit seiner jüngeren Schwester bei der Großmutter in einer langweiligen, aber wunderschön gelegenen Kleinstadt lebt. Immer wieder träumt Mitsuha vom vermeintlich aufregenden Leben in der Millionenstadt Tokio. Dort rackert sich der gleichaltrige Taki in der Schule und seinem stressigen Job in einem Restaurant ab. Der Junge, der allein mit seinem Vater in einem winzigen Apartment lebt, könnte etwas ländliche Ruhe durchaus gebrauchen.
Eines Tages gehen die Wünsche der beiden in Erfüllung. Sie tauschen ihre Körper, landen immer wieder für kurze Zeit im Leben des anderen und sorgen dort für Chaos und amüsante Missverständnisse.
Shinkais detailreich animierter Film beginnt als turbulente BodySwitch-Komödie, weitet sich aber bald zu einer komplexen Geschichte ums Heranwachsen aus, in der es um die Suche nach der Identität und dem richtigen Platz im Leben geht. In einem großen Erzählbogen verknüpft Makoto Shinkai die Gegensätze von Tradition und Moderne, Stadt und Land. Er reflektiert über die Macht der Naturgewalten sowie die Angst vor Katastrophen, die in Japan seit dem Reaktorunglück von Fukushima wieder sehr real geworden ist. Aber das schnell pochende Herz seines Films bilden die Sehnsüchte zweier Teenager, die sich noch nie gesehen haben, aber schon so viel übereinander wissen.
In Japan avancierte „Your Name“zum kommerziell erfolgreichsten Film seit Hayao Miyazakis oscargekröntem Meisterwerk „Chihiros Reise ins Zauberland“. Bei einem solchen Erfolg wird Hollywood schnell hellhörig: „Star Wars“-Regisseur J. J. Abrams kündigte bereits an, ein LiveAction-Remake des japanischen Originals produzieren zu wollen. (dpa)
Your Name. Gestern, heute und für immer. Regie: Makoto Shinkai. Japan 2016. 106 Minuten. FSK ab 6.