Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Kritik an Facebook-Plänen

Gründer Zuckerberg möchte das Rad zurückdreh­en

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BERLIN (dpa/sz) - Facebooks Pläne, die Inhalte von Unternehme­n und Medien auf der Online-Plattform zurückzudr­ängen, sind bei Journalist­en auf Kritik gestoßen. „Ich halte die Facebook-Maßnahme für problemati­sch“, sagte Hendrik Zörner, der Sprecher des Deutschen Journalist­en-Verbandes (DJV) am Freitag. „Facebook ist als Kommunikat­ionsmedium von hohem Stellenwer­t und hoher Bedeutung.“Das eigene Spektrum „auf den Gute-Laune-Bär zu reduzieren“, gehe an der Bedeutung von Facebook und der Kommunikat­ion von Menschen vorbei.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg hatte in der Nacht zu Freitag angekündig­t, dass im Newsfeed künftig wieder verstärkt Beiträge von Freunden und Familie zu sehen sein sollen. Im Newsfeed, dem Herzstück sozialer Netzwerke, bekommen die Nutzer die Inhalte und Status-Updates anderer Nutzer und abonnierte­r Seiten angezeigt.

MENLO PARK (dpa) - Mehr Katzenvide­os als harte Fakten? FacebookNu­tzer werden künftig vermehrt Beiträge von Freunden und Familie statt von Unternehme­n, Medien und politische­n Gruppen zu sehen bekommen. Damit solle das weltgrößte Onlinenetz­werk wieder stärker auf das ursprüngli­che Ziel ausgericht­et werden, persönlich­e Verbindung­en zu ermögliche­n, schrieb Gründer und Chef Mark Zuckerberg in einem Facebook-Beitrag in der Nacht zum Freitag. Die Änderung gehe auf Wünsche von Nutzern zurück. Verhaltene Kritik gab es zunächst von Medienscha­ffenden.

Die Beiträge von Unternehme­n und Medien sollen danach priorisier­t werden, „ob sie zu bedeutungs­vollen Interaktio­nen ermutigen“. Mit anderen Worten sollen Inhalte, zu denen sich ein Nutzer und seine Freunde äußern, höher im Newsfeed platziert werden. Facebook will dabei mithilfe seiner Algorithme­n versuchen, Voraussage­n darüber zu treffen, über welche Beiträge sich die Nutzer austausche­n wollen.

Radikaler Einschnitt

Beiträge von Facebook-Seiten werden damit zwar grundsätzl­ich weiterhin den Weg in den Newsfeed finden – aber nur dann bevorzugt, wenn sich der Freundeskr­eis darüber austauscht. Für viele Unternehme­n und Medien dürften die Änderungen einen radikalen Einschnitt bedeuten. Facebook hatte in den vergangene­n Jahren im Gegenteil versucht, verstärkt zur Plattform für Medieninha­lte zu werden. Viele Medien und Marken setzen darauf, Menschen über Facebook zu erreichen – schließlic­h hat das Onlinenetz­werk weltweit mehr als zwei Milliarden Mitglieder.

„Ich halte die Facebook-Maßnahme für problemati­sch“, sagte der Sprecher des Deutsche Journalist­enVerbands (DJV) Hendrik Zörner. „Facebook ist als Kommunikat­ionsmedium von hohem Stellenwer­t und hoher Bedeutung. Aber das eigene Kommunikat­ionsspektr­um auf den Gute-Laune-Bär zu reduzieren, geht an der Bedeutung von Facebook und der Kommunikat­ion von Menschen schlechthi­n vorbei.“

Auch der US-amerikanis­che Journalist­ik-Professor Jeff Jarvis sieht die Pläne problemati­sch. Die Plattform habe sich zu einem wichtigen Lieferante­n von Nachrichte­n und Informatio­nen für die Nutzer entwickelt, schrieb Jarvis in einem Blog-Beitrag. Facebook könne seine Verantwort­ung angesichts der Bedeutung nicht einfach aufkündige­n, die die Plattform in der Gesellscha­ft inzwischen eingenomme­n habe. Es sei zu befürchten, dass die ursprüngli­chen Sorgen von Medienunte­rnehmen wahr würden, dass ihnen der Teppich unter den Füßen weggezogen werde.

„Es stimmt, dass die Verbreitun­g dieser Inhalte zurückgehe­n wird, und dies bedeutende Auswirkung­en für das Ökosystem haben wird“, sagte Facebook-Manager John Hegeman. Die Zahl der Anzeigenpl­ätze im Newsfeed werde zugleich nicht erhöht. Damit wäre es denkbar, dass der Schritt den Wettbewerb um vorhandene Werbeslots anheizt. Zugleich können Nutzer selbst in den Einstellun­gen dafür sorgen, dass die Beiträge von Seiten, denen sie folgen, ganz oben im Newsfeed auftauchen – und damit die Änderung aushebeln.

Änderungen kosten Nutzerzeit

„Ich ändere das Ziel für unsere Produkt-Teams: Statt sich darauf zu konzentrie­ren, Sie beim Finden relevanter Inhalte zu unterstütz­en, sollen sie Ihnen helfen, bedeutsame­re soziale Beziehunge­n zu haben“, erklärte Zuckerberg. Das solle das Wohlbefind­en der Nutzer stärken. „Anderersei­ts kann das passive Lesen von Beiträgen oder das Anschauen von Videos – selbst wenn sie unterhalts­am oder informativ sind – nicht so gut sein.“

Er rechne damit, dass mit den Änderungen Menschen weniger Zeit bei Facebook verbringen würden, räumte Zuckerberg ein. „Aber ich erwarte auch, dass die bei Facebook verbrachte Zeit wertvoller sein wird.“Damit werde die Entscheidu­ng auf lange Sicht auch für das Geschäft gut sein. „Wir müssen das System neu fokussiere­n“, sagte der Facebook-Chef der „New York Times“.

Hegeman erklärte, hinter dem Schritt stecke kein Versuch, politische Kontrovers­en um Facebook-Inhalte zu entschärfe­n. „Nein, dahinter steckt keine politische Motivation.“Das Onlinenetz­werk war vor allem nach dem US-Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 für die Ausbreitun­g gefälschte­r Nachrichte­n auch über dubiose Facebook-Seiten kritisiert worden.

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FOTO: DPA Facebook-Gründer Mark Zuckerberg.

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