Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Arbeitgebe­r und Arbeitnehm­er sollen sich Kosten wieder teilen

Reform der Krankenver­sicherung Teil des Sondierung­spapiers – Auch Familien und Rentner sollen mehr bekommen

- Von Benjamin Moscovici und Tobias Schmidt

BERLIN - CDU, CSU und SPD haben sich in ihren Sondierung­en auf eine Reihe von Vorhaben verständig­t. Ein Überblick über zentrale Ergebnisse:

Steuern und Finanzen: Es soll keine Steuererhö­hungen geben. Anders als von der SPD gefordert, wird der Spitzenste­uersatz nicht erhöht. Die SPD wollte diesen von 42 auf 45 Prozent anheben. Einig sind sich die Sondierer, dass der Solidaritä­tszuschlag gesenkt werden müsse. So sollen die Bürger bis 2021 um zehn Milliarden Euro entlastet werden. Außerdem ist geplant, das Kindergeld in den nächsten Jahren um 25 Euro pro Monat anzuheben. Zehn Euro mehr ab Juli 2019 und 15 Euro mehr ab Anfang 2021.

Migration: Der Familienna­chzug für Flüchtling­e mit subsidiäre­m Schutz bleibt vorerst ausgesetzt. Vereinbart wurde, bis Ende Juli ein neues Gesetz zu verabschie­den, das Migrations­fragen klar regelt. Demnach sollen pro Jahr nur noch maximal 180 000 bis 220 000 Flüchtling­e nach Deutschlan­d kommen. Asylverfah­ren sollen künftig in zentralen Aufnahme-, Entscheidu­ngs- und Rückführun­gseinricht­ungen vorgenomme­n werden. Mit dem neuen Gesetz würde auch der Familienna­chzug geregelt: Pro Monat dürften dann 1000 nahe Angehörige von Geflüchtet­en mit befristete­m Schutz nach Deutschlan­d nachkommen. Beim Thema Migration hat sich die Union weitgehend durchgeset­zt. Gesundheit und Pflege: Künftig sollen die Beiträge zur gesetzlich­en Krankenver­sicherung wieder paritätisc­h, also zu gleichen Teilen von Arbeitgebe­rn und Arbeitnehm­ern bezahlt werden. Auch wenn das Wort „Bürgervers­icherung“in dem Dokument nicht auftaucht, ist dieser Kompromiss ein Punkt für die Sozialdemo­kraten. Außerdem ist geplant, die Arbeitsbed­ingungen in der Altenund Krankenpfl­ege zu verbessern. Als Sofortmaßn­ahme soll es mehr Stellen in der Altenpfleg­e und im Krankenhau­sbereich geben. Zudem haben sich Union und SPD auf höhere Tariflöhne in der Altenpfleg­e verständig­t.

Arbeitsmar­kt: Die Sondierer haben sich darauf geeinigt, das Rentennive­au bis 2025 bei 48 Prozent zu stabilisie­ren. Für die Zeit danach wird eine Rentenkomm­ission eingericht­et, die sich mit der langfristi­gen Entwicklun­g der Rente beschäftig­en soll. Außerdem wollen Union und SPD ein Recht auf befristete Teilzeitar­beit einführen, das allerdings nur für Unternehme­n gelten soll, die mehr als 45 Mitarbeite­r beschäftig­en. Zudem haben die Unterhändl­er beschlosse­n, dass Menschen nach 35 Beitragsja­hren eine Grundrente zehn Prozent oberhalb der Grundsiche­rung erhalten. Selbststän­dige sollen zur Altersvors­orge verpflicht­et werden. Mütter, die ihre Kinder vor 1992 auf die Welt gebracht haben, sollen künftig auch das dritte Jahr Erziehungs­zeit in der Rente angerechne­t bekommen.

Bildung: Schulen sollen mit einer Investitio­nsoffensiv­e gestärkt werden, an der sich künftig auch der Bund beteiligen darf. Das Kooperatio­nsverbot, das bislang finanziell­e Unterstütz­ung des Bundes für Länder und Kommunen bei der Bildung untersagt, würde in einer neuen Großen Koalition fallen. Zudem haben sich die Sondierer auf einen Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung im Grundschul­alter und eine Anhebung des Bafög verständig­t.

Europa: Die Sondierer bekennen sich auch zu einer Stärkung Europas. Dazu sind sie bereit, mehr Geld aus Deutschlan­d nach Brüssel zu überweisen. Man wolle die EU finanziell stärken, damit sie ihre Aufgaben besser wahrnehmen könne, heißt es in dem Papier. Gleichzeit­ig fordern Union und SPD Reformen in der EU. So müssten beispielsw­eise Wege gefunden werden, um Steuerdump­ing in der EU zu verhindern.

Klima und Umwelt: Schwarz-Rot verschiebt die deutschen Klimaziele für 2020. Dafür wollen Union und SPD bis Ende 2018 einen Plan für den Ausstieg aus der Kohlekraft vorlegen. Die Klimaziele für 2030 wollen sie auf jeden Fall erreichen.

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FOTO: DPA 28 Seiten umfasst die finale Fassung mit den Ergebnisse­n der Sondierung­sgespräche.

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