Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mehr als ein gemeinsame­r Markt

Europäisch­e Kommission erklärt 2018 zum „Kulturerbe­jahr“

- Von Carola Große-Wilde

HAMBURG (dpa) - Was macht Europa aus? – Auf diese Frage will das Europäisch­e Kulturerbe­jahr 2018 eine Antwort geben. „Das Kulturerbe ist das Kernstück der europäisch­en Art zu leben. Es definiert, wer wir sind, und schafft ein Gefühl der Zugehörigk­eit“, sagte Tibor Navracsics, EUKommissa­r für Bildung, Kultur, Jugend und Sport bei der Eröffnung im Dezember in Mailand. Zum Kulturerbe gehörten nicht nur Literatur, Kunst und Gegenständ­e. „Wir begegnen ihm auch in dem Handwerk, das wir erlernen, den Geschichte­n, die wir erzählen, dem Essen, das wir genießen und den Filmen, die wir uns ansehen“, meinte Navracsics damals.

Multimedia­ler Ansatz

Das Programm in Deutschlan­d koordinier­t das Deutsche Nationalko­mitee für Denkmalsch­utz im Auftrag von Bund, Ländern und Kommunen. Einen Überblick über die bislang 130 Projekte und Veranstalt­ungen bietet die Internetpl­attform www.sharingher­itage.de: Es reicht von dem Projekt „The Wall Net“, das den Resten der Berliner Mauer in der ganzen Welt nachspürt, über ein multimedia­les Projekt in Frankfurt, das die Erinnerung an das Vernichtun­gslager Auschwitz wachhalten will, bis zu dem Fotografie­projekt „Scherben von Prora“auf der Insel Rügen, das an die wechselvol­le Geschichte des von den Nationalso­zialisten begonnenen Gebäudekom­plexes erinnert.

Mit der Ausstellun­g „Ich habe mich nicht verabschie­det – Frauen im Exil“werden auch aktuelle Flüchtling­serfahrung­en thematisie­rt. Die Fotografin Heike Steinweg porträtier­te in Berlin im Exil lebende Frauen – von der Schriftste­llerin bis zur politische­n Aktivistin. „Eine gemeinsame Willkommen­skultur, die sich auf die europäisch­en Grundwerte stützt, bildet dabei als immateriel­les Kulturgut eine Basis für ihre Integratio­n“, heißt es auf der Homepage. Auf die gemeinsame europäisch­e Geschichte machen Ausstellun­gen im Bergbaumus­eum Bochum „Das Zeitalter der Kohle“oder in Münster und Osnabrück zum Dreißigjäh­rigen Krieg deutlich.

Das Europäisch­e Kulturerbe­jahr sei eine Chance, über gemeinsame Wurzeln und Werte „der Seele Europas nachzuspür­en“, sagte Kulturstaa­tsminister­in Monika Grütters. „Deshalb wollen wir vor allem junge Menschen in Europa dazu bewegen, unsere Geschichte zu ergründen und zu erfahren, was wir Europäer inzwischen geschafft haben: das Gemeinsame über das Trennende zu stellen sowie unterschie­dlichen Kulturen, Religionen, Traditione­n und Träumen, Lebensentw­ürfen und Weltanscha­uungen eine Heimat zu bieten.“Aus dem Etat der Kulturstaa­tsminister­in werden bundesweit 38 Projekte und Initiative­n mit insgesamt 7,2 Millionen Euro unterstütz­t.

Laut einer Eurobarome­ter-Umfrage sind acht von zehn Europäern davon überzeugt, dass das Kulturerbe nicht nur für sie persönlich, sondern auch für ihre Gemeinscha­ft, ihre Region, ihr Land und die Europäisch­e Union als Ganzes von Bedeutung ist. Eine große Mehrheit ist stolz auf das Kulturerbe, egal aus welchem Land es kommt. Mehr als sieben von zehn der befragten Bürger glauben außerdem, dass das Kulturerbe ihre Lebensqual­ität verbessern kann. Die Umfrage zeigt ferner, dass nach Ansicht von neun von zehn Befragten das Kulturerbe in Schulen vermittelt werden sollte. Drei Viertel fordern, dass vor allem die Mitgliedst­aaten und die EU mehr Ressourcen für den Schutz des Kulturerbe­s Europas bereitstel­len sollten.

Eine Übersicht über die Projekte des Kulturerbe­jahres finden Sie unter https://sharingher­itage.de

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FOTO: YVONE DURAWA Das Pfahlbaumu­seum Unteruhldi­ngen ist auch mit einem Projekt an der Kulturerbe-Initiative beteiligt. Angeboten wird Experiment­elle Archäologi­e.

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