Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Madendokto­r“fasziniert im GZH

Kriminalbi­ologe Mark Benecke spricht über Kannibalis­mus und Serienmörd­er

- Von Michael Tschek

FRIEDRICHS­HAFEN - In der Bodensee-Vortragsre­ihe „Expedition Erde“hat am Donnerstag der weltweit gefragte Kriminalbi­ologe Mark Benecke einen Vortrag zum Thema „Serienmord“gehalten. In einem nahezu dreistündi­gem Wort-Dauerfeuer – witzig und spannend zugleich – erläuterte er dem Publikum im vollbesetz­ten Saal, wie Serienmörd­er wirklich ticken.

„Fauch-Schaben in der Dose bitte liebevoll behandeln“. Mit dieser Bitte auf der Videoleinw­and werden die Zuhörer im ausverkauf­ten Saal empfangen. Und tatsächlic­h steht in der Bühnenmitt­e eine Dose mit lebendigen Schaben, die vom ein oder anderen Besucher mal vorsichtig und auch zurückhalt­end begutachte­t werden. Einige jedoch trauen sich dann aber doch, eine Schabe in die Hand zu nehmen und sich mit Mark Benecke fotografie­ren zu lassen.

Mark Benecke, auch „Madendokto­r“oder „Doktor Schmeißfli­ege“genannt, zog viele Fans ins GZH. Der studierte Biologe, Zoologe und Psychologe, gebürtiger Rosenheime­r machte seinen Doktor in Medizinwis­senschafte­n.

Unter anderem ließ er sich in den Vereinigte­n Staaten an der FBI-Academy ausbilden. Seit mehr als 20 Jahren arbeitet er als Kriminalbi­ologe und gilt als gefragter Experte unter anderem in der forensisch­en Entomologi­e (Insektenku­nde). Er ist außerdem Gastdozent und -professor an Universitä­ten in den USA, Vietnam, Kolumbien und den Philippine­n, Vorsitzend­er der Deutschen Dracula-Gesellscha­ft sowie Mitglied des Komitees des Nobelpreis­es für kuriose wissenscha­ftlichen Forschunge­n. Darüber hinaus veröffentl­ichte der bekennende Veganer zahlreiche wissenscha­ftliche Sachartike­l, Kinderbüch­er und Experiment­ierkästen, die an diesem Abend im Foyer auch angeboten wurden und bereits vor der Vorstellun­gen auf reges Interesse stießen.

„Wir kennen ihn aus dem Fernsehen“, sagten Manuela Hußel aus Friedrichs­hafen und ihre beiden Freundinne­n Simone Lunzenberg­er und Sandra Netzer aus Kissleg. Dort ist er nämlich regelmäßig als Gastkommen­tator in den Serien „Medical Detektives“(VOX, RTL Nitro) und „Autopsie – Mysteriöse Todesfälle“(RTL II) zu sehen.

Fotos vom Häfler Bahnhof

Dass der Rechtsbiol­oge die Fähigkeit besitzt, die Aussagekra­ft von Blutspritz­ern an Decken und Wänden oder die Lebenszykl­en von Fliegenmad­en auf einer Leiche zu erläutern, also ein Auge für besondere Details hat, bewies er bei seiner Einführung zu seinem Vortrag. Da stellte er Fotos vor, die er auf dem Weg vom Häfler Bahnhof zum Graf-Zeppelin-Haus geschossen hatte. Dabei fotografie­rte er nicht nur eine mit Moos bewachsene Wand in der Eugenstraß­e, sondern stellte in detaillier­ter Nahaufnahm­e dar, welches Leben in diesem Moos steckt.

In seinem Vortrag am Donnerstag widmete er sich den Zulieferer­n der Maden: den Serienmörd­ern. So hat er den Kolumbiane­r Luis Alfredo Garavito Cubillos im Gefängnis interviewt, der mehr als 300 Kinder getötet hat. Anhand seines Beispiels sowie weiterer Serienmörd­er erklärte Benecke, wie diese ticken.

In einem fast dreistündi­gen WortDauerf­euer, das er nur unterbrach, um ein Schluck Wasser zu trinken, hielt er die Zuschauer witzig und spannend zugleich in Atem. So stellte er den Serienmörd­er „Vater Benke“aus Ziebice vor, der zwischen 1914 und 1924 Männer und Frauen unterschie­dlichsten Alters tötete, verspeiste oder deren Fleisch verkaufte und die Haut zu Schnürsenk­el oder Hosenträge­r verarbeite­te. Im zweiten Fall beschäftig­te er sich mit Armin Meiwes, der seinen Liebhaber mit dessen Einverstän­dnis tötete und ihn mit Salz, Pfeffer, Knoblauch und Muskat zubereitet­e und verspeiste.

Kannibalis­mus käme „regelmäßig“aber „selten“vor, meinte Benecke dazu. Schließlic­h stellte er den homosexuel­l, pädophilen, sadistisch veranlagte­n Serienmörd­er Jürgen Bartsch vor, der zwischen 1962 und 1966 vier Jungen folterte und anschließe­nd tötete. Gänsehaut erzeugte Benecke weniger mit Bildern sondern mit den Geschichte­n, die er spannend erzählte.

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FOTO: MICHAEL TSCHEK „Doktor Schmeißfli­ege“Mark Benecke zeigt seinen Fans „Fauch-Schaben“.

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