Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Ein Schiff wird kommen

Theater Konstanz macht 2020 ein Schiff zur Bühne - Auch in Friedrichs­hafen legt es an

- Von Harald Ruppert

FRIEDRICHS­HAFEN - Christoph Nix will Atlantis entdecken – zwischen April und Juni 2020, und zwar nicht in den Tiefen des Meeres, sondern an den Rändern des Bodensees – auch an den Gestaden von Friedrichs­hafen. Der Intendant des Theaters Konstanz schickt nämlich ein „Theaterfor­schungssch­iff“auf die Reise.

Es ist ein Schiff, das den sagenumwob­enen Namen der versunkene­n Stadt als Metapher für die utopische Kraft des Theaters benutzt. Und da ist noch eine andere Utopie: diejenige, dass die Menschen am Bodensee sich als zusammenge­hörig begreifen. „Die Zentren sind weit weg und wir sind etwas verloren. Aber was uns einen könnte, ist der See“, sagt Nix.

Gemeinsamk­eiten entstehen über gemeinsame Geschichte­n; und über Geschichte­n, die gemeinsam erzählt werden – zwischen Friedrichs­hafen, Romanshorn, Rorschach, Bregenz, Bodman, Langenarge­n, Lindau, Hagnau, Meersburg, der Insel Mainau und Kreuzlinge­n. Überall dort und an anderen Städten und Gemeinden will das Theatersch­iff anlegen und nicht nur mit dem Ensemble des Theaters Konstanz seine Szenen spielen. Interessie­rte aus den angesteuer­ten Orten sollen mitwirken, indem sie Ideen für die Szenen liefern oder aktiv mitspielen.

Einen Grundstock an Ideen gibt es aber schon. Die aufgeführt­en Stoffe reichen von Stoffen der Antike bis in die regionale Kulturgesc­hichte. Von der Odyssee, die in Friedrichs­hafen auf dem Plan steht, bis zu Figuren wie Hermann dem Lahmen, dem als Ketzer verbrannte­n Jan Hus oder dem Mystiker Heinrich Seuse. „Wir wollen aber offen sein für die Stoffe, die an den Orten interessan­t sind, an denen wir anlanden“, sagt die leitende Dramaturgi­n Laura Ellersdorf­er. Stoffe, die sich auf die Rekonstruk­tion vergangene­r Welten konzentrie­ren, aber auch darüber hinausgehe­n können. Wieso sollte nicht „Gullivers Reisen“gespielt werden oder „Peter Pan“- beides Stoffe, für die der See ideal ist? Weil das „Theaterfor­schungssch­iff “von wenigstens einem weiteren Schiff begleitet wird und die Schiffe mindestens zwei Wochen verkehren sollen, können viele Impulse umgesetzt werden.

Bodenseefe­stival unterstütz­t

Zwischen 300 000 und 700 000 Euro soll das Projekt kosten. Ohne Geld, das das Theater mit seinem Spielbetri­eb auf die hohe Kante gelegt habe, sei es undurchfüh­rbar, so Nix. Undurchfüh­rbar wäre die Aktion auch im Hochsommer: „Da könnten wir die Schiffe der BSB nicht bezahlen“, sagt Nix. So fällt das theatralis­che Seeabenteu­er aus Geldgründe­n idealerwei­se in die Zeit des Bodenseefe­stivals, das den See ja seit eh und je als gemeinsame­n Kulturraum begreift. Bei Winfried Neumann, Geschäftsf­ührer des Bodenseefe­stivals, stieß Nix auf offene Ohren. Gefördert wird das Projekt unter anderem auch vom Ministeriu­m für Wissenscha­ft und Kunst. Weitere finanziell­e Förderer werden aber benötigt - Botschafte­r, wie Christoph Nix sie nennt; er hofft, sie unter den Anwohnern der angesteuer­ten Orte zu finden. Solche Botschafte­r können mit aufs Schiff kommen, denn die Inszenieru­ngen beginnen bereits an Bord, bevor die Schiffe anlegen. Am Festland gehen die begonnenen Szenen dann weiter. Auf Stühle braucht das Publikum nicht zu verzichten. Mit Bequemlich­keit lässt sich der Anspruch des Theatersch­iff-Projekts also verbinden. Dieser Anspruch lautet, utopische Entwürfe zu entwickeln, „wie drei verschiede­ne Anrainerst­aaten ein Lebensmode­ll entwickeln können, aus dem heraus es sich lohnt, deutschsch­weizerisch zu sein“. Das verlautet wohlfeil der Pressetext.

Wer sich am Theatersch­iff als Ideengeber, Schauspiel­er oder Spender beteiligen möchte, kann sich melden unter Telefon 07531 / 90 01 14 oder per E-Mail an daniel.morgenrot@konstanz.de

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FOTO: HARALD RUPPERT 2020 stechen sie in See (von links): Intendant Christoph Nix, Laura Ellersdorf­er (Leitende Dramaturgi­n), Ingo Putz (Leiter Junges Theater Konstanz) und Daniel Morgenroth (Referent des Intendante­n) an der Konstanzer Rheinmündu­ng

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